Gegengift

Klassiker? Gecancelt. Lasst sie uns lieber doll überschreiben!

Drei von fünf Theaterpremieren bringen heutzutage etwas anderes, als die Verpackung verspricht. Das könnte man noch weiter treiben.

Die Kunsthallen des Gegengifts beherbergen in den darstellenden Abteilungen auch zwei extreme Gruppen, die völlig Verschiedenes meinen, wenn sie Theater sagen. Die Postdramatiker verstehen darunter die Fortsetzung der politischen Korrektheit mit zwanghaft erzieherischen Mitteln, die Paläodramatiker sehen sich als Wahrer des Besitzstandes an Barem, Gutem und Schönem in dem Bezirk, den sie als moralische Anstalt betrachten. Naturgemäß besuchen sie selbst beim gleichen Festival diverse Premieren.

So zieht es bei den Salzburger Festspielen die Verehrer der schönen Leich immer zu Hugo von HofmannsthalsJedermann“. Sie berichten uns danach in Erdberg pflichtgemäß, dass sie reuig geweint hätten. Seit mehr als hundert Jahren wissen sie, was Sünder bei der im Kern mittelalterlichen Moralität erwartet: Wer rechtzeitig die richtigen Lobbyisten auf seine Seite zieht, dem steht, selbst wenn er reich wie ein Scheich ist, der Himmel offen wie ein Scheunentor, durch das alle Kamele der Welt passen.

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