Die meisten Russen tragen den Krieg in der Ukraine mit, gleichzeitig ist die Gesellschaft verstört und hilflos. Zwei Welten in der russischen Hauptstadt.
Die Sonne ist untergegangen, über der Moskwa scheint der Mond. Boote schippern auf dem Fluss, auf den Radwegen sausen E-Roller hintereinander. Eine kleine Holzbühne unter den Bäumen, unweit ein Spielplatz. Aus den Boxen erklingen Salsatöne. Die Menschen bewegen sich zur Musik, beobachtet von den zu Denkmälern gewordenen Helden der Sowjetunion.
Hier, im Moskauer Park Museon, einer Art Ablageplatz für die abgetragenen Statuen, stehen sie auf dem Rasen, stehen entlang der steinernen Wege. Der Elf-Tonnen-Dzierżyński, die Stalin-Büste, Lenin, Lenin, Lenin. Eine Fünzigerjahre-Skulptur nistet zwischen Bäumen, mit sechs Figuren aus Bronze, darunter eine Frau mit Kind auf dem Arm und Taube in der Hand. „Wir fordern Frieden“, steht auf dem Sockel.
„Frieden“ ist ein gefährliches Wort im Russland dieser Tage. Keine tausend Kilometer von der ausgelassenen Stimmung im Museon-Park entfernt führt Russland Krieg gegen seine Nachbarn. Führt einen Krieg, den es nicht so nennt. Tötet, zerstört, vergewaltigt, weil es den Verlust der imperialen Größe, für die die Helden hier stehen, nicht verkraftet.
Voller Menschenhass. Im Fernsehen zeigen sie Bomben. „Mariupol. Russische Stadt.“ Schüsse aus Panzern, Explosionen, „befreite“ Kinder, Spritzen von „drogenabhängigen Nazis“. Immer wieder, in veränderter Montage. Es ist eine Art Rausch. Voller Menschenhass.