Walk of Häme

Vorarlberger Grant

oder: Warum sich die schlechte Laune gerade nicht auf ein Bundesland beschränkt.

Vor Kurzem ist da ja eine Studie veröffentlicht worden, wonach sich Nicht-Österreicher, die in Österreich leben und arbeiten, in Wien nicht wohlfühlen, weil die Menschen hier so unfreundlich sind. Ganz unplausibel ist das ja nicht. Man möchte sich nicht vorstellen, wie die Wienerinnen und Wiener drauf wären, wenn sie nicht in der lebenswertesten Stadt der Welt wohnten.

Doch dass die Besonderheit des Wiener Grants wie jedes Klischee nur zum Teil wahr ist, hat diese Woche ein Mann gezeigt, der aus dem anderen Ende der Republik stammt und noch nicht lang genug in Wien lebt, um das als Entschuldigung für seine miese Laune ins Treffen führen zu können. Johannes Rauch jedenfalls nutzte seinen Auftritt in der wichtigsten Nachrichtensendung des Landes, in der er die sicher nicht unumstrittene Abschaffung der Quarantänebestimmungen den Wählerinnen und Wählern erklären sollte, um ungeniert herumzugranteln. Rutscht mir doch den Buckel runter, war die nicht ausgesprochene, aber kaum versteckte Botschaft, nicht nur an den Interviewer, der versuchte, seinen Job zu machen, sondern auch an die Öffentlichkeit, die dem Minister aus Vorarlberg mit ihrem Genörgel mächtig auf die Nerven zu gehen scheint. Kann man so machen, muss man aber eigentlich nicht.

Die bisherigen drei Pandemiegesundheitsminister könnten gar nicht unterschiedlicher sein, in ihrer Ausstrahlung und ihrem Temperament. Während sich Rudi Anschober in Geduld und Sanftmut an der Pandemie aufrieb, ließ Wolfgang Mücksteins „Der Nächste bitte“-Phlegma alles an sich abprallen, wie man das eben macht, wenn draußen das Wartezimmer übergeht. Rauch dagegen gab deutlich zu verstehen, dass er keine blöden Fragen wünsche, wenn er sich schon diese Ministerzumutung antut. Vielleicht fände sich für den Job ja doch noch jemand, der von der Pandemie deutlich weniger genervt ist als der Durchschnitt der Bevölkerung?

Dass auch die Laune in Salzburg schon besser war, zeigte sich an dem Umstand, dass nun schon der Bundespräsident bei harmlosen Festspielbesuchen ausgepfiffen wird. Alexander Van der Bellen hat sich seine Wiederwahl, was die allgemeine Stimmung angeht, sicher anders vorgestellt. Er hält das aber aus, kann er ja auch ganz gut granteln, wenn auch in der etwas spöttischen Tiroler Spielart.

florian.asamer@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.07.2022)

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