Analyse

Neue deutsche Härte gegenüber der Türkei

Die deutsche Außenministerin, Annalena Baerbock, bei der Kranzniederlegung am Atatürk-Mausoleum in Ankara am Samstag.
Die deutsche Außenministerin, Annalena Baerbock, bei der Kranzniederlegung am Atatürk-Mausoleum in Ankara am Samstag.(c) IMAGO/photothek (IMAGO/Leon Kuegeler)
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Der Besuch von Außenministerin Annalena Baerbock zeigt: Ankara kann nicht mehr fix auf Berlins Fürsprache bauen, die Grüne ist weniger konziliant als viele ihrer Vorgänger.

Istanbul/Ankara. Wenn es nach regierungsnahen Medien in der Türkei geht, dann war der Antrittsbesuch von Annalena Baerbock Ende dieser Woche in der Türkei ein Fiasko für die deutsche Außenministerin und ein Triumph für Ankara. Baerbocks türkischer Amtskollege, Mevlüt Çavuşoğlu, habe die deutsche Ministerin „abgewatscht“, jubelte der Fernsehsender A-Haber. „Führt euch bloß nicht auf wie die Oberlehrer“, riet die Zeitung „Hürriyet“ gleich allen europäischen Ministern in Anspielung auf Baerbocks Auftritt: Çavuşoğlu lasse sich nämlich nichts gefallen.

Doch Ankara hat eigentlich keinen Grund zur Freude, denn Baerbock läutete mit ihrer Visite eine neue deutsche Türkei-Politik ein. Sie kritisierte öffentlich die Regierung von Präsident Recep Tayyip Erdoğan und sprach mit Oppositionellen und Frauenrechtlern – dabei war Berlin bisher bedacht gewesen, Erdoğan nicht zu ärgern. Für die Türkei endete mit Baerbocks Besuch wohl die Gewissheit, sich in Europa auf deutsche Fürsprache verlassen zu können.

Eine Grüne auf Rammkurs

Als Baerbock (41) bei ihrer Pressekonferenz mit Çavuşoğlu (54) am Freitag in Istanbul die türkische Politik gegenüber Griechenland, die Missachtung europäischer Regeln bei der Inhaftierung des Kulturförderers Osman Kavala und die Pläne für einen neuen türkischen Einmarsch in Nordsyrien kritisierte, traf sie dort einen Nerv. Die türkische Regierung sieht ihr Land nämlich als mächtigen internationalen Akteur, der sich keine öffentlichen Belehrungen anhören muss. Çavuşoğlu antwortete mit Vorwürfen an Berlin: Deutschland habe seine früher „ausgewogene“ Haltung im türkisch-griechischen Dauerstreit aufgegeben und gehe der Athener Propaganda auf den Leim. Der Türke meinte damit Baerbocks Äußerungen in Athen unmittelbar vor ihrer Reise in die Türkei. Deutschland stehe im Streit zwischen Türken und Griechen um die Abgrenzung von Gebieten in der Ägäis „solidarisch an der Seite Griechenlands“, hatte sie gesagt.

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