EM-Bilanz

Fußballfest einer neuen Dimension

Diese EM bleibt Österreich in bester Erinnerung. Zum zweiten Mal in Folge wurde der Aufstieg geschafft und der Platz in der Spitze Europas bestätigt.
Diese EM bleibt Österreich in bester Erinnerung. Zum zweiten Mal in Folge wurde der Aufstieg geschafft und der Platz in der Spitze Europas bestätigt.(c) Getty Images (Naomi Baker)
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Turnier in England sah höhere Qualität des Spiels, Rekordkulissen und hob die Sichtbarkeit der Fußballerinnen an.

London/Wien. Noch nie ist die Erwartungshaltung von Fußballerinnen und Fans vor Europameisterschaften so groß gewesen und das Turnier in England hat sie erfüllt. Das Finale heute, Sonntagabend 18 Uhr, vor der neuen Rekordkulisse im Londoner Wembley-Stadion setzt den krönenden Schlusspunkt eines Weges, der neue spielerische Qualität, vor allem aber auch Sichtbarkeit und Präsenz des Sports gestärkt hat. Über 550.000 Fans verfolgten die 31 Spiele vor Ort, damit wurde die Bestmarke aus 2017 mehr als verdoppelt.

„Ich bin nicht sehr überrascht, ich wusste um die Qualität“, sagte Uefa-Präsident Aleksander Čeferin. „Die Zahlen sind überragend, aber die größte Überraschung für mich sind die, die davon überrascht sind, dass der Frauenfußball auf einem solch hohen Level ist.“ Die Verdopplung des Preisgelds auf 16 Millionen Euro war ein wesentlicher Schritt, die nächsten möchte Europas Verband schon in naher Zukunft setzen. „Wir müssen den Frauenfußball auf exakt dieselbe Weise entwickeln wie den Männerfußball. Wir müssen es auf einem technischen Level entwickeln und wir müssen investieren.“

ÖFB-Team zeigt Steigerung vor

Die spielerischen Fortschritte bei dieser EM-Endrunde werden von Opta-Daten untermauert. Der Vergleich jener 14 Teams, die bereits an der Endrunde 2017 teilgenommen haben, zeigt eine Steigerung der erfolgreichen Pässe um sechs Prozent. Im Schnitt 77 Prozent der Zuspiele, England verbesserte seine Passquote gar um 20 (!) Prozent, für die zweitgrößte Verbesserung zeichnete Österreich verantwortlich (17). Die offensive Entwicklung des ÖFB-Teams war in den Gruppenspielen gegen Gastgeber England (0:1), Nordirland (2:0) und Norwegen (1:0) klar zu sehen und wurde mit dem erneuten Aufstieg auch belohnt.

Die Österreicherinnen behaupteten damit ihren Platz in Europas Spitze und erreichten zum zweiten Mal als schlechtest gereihtes Team (Nummer 21 der Welt) das Viertelfinale, in dem man sich erst nach hartem Kampf Rekordsieger Deutschland beugen musste (0:2). Nicht nur die spanische Zeitung „AS“ bezeichnete die Auswahl von Irene Fuhrmann als die „Entdeckung des Turniers“. Die Teamchefin selbst hob einmal mehr den Output in Relation zu den nicht einmal 12.000 aktiven Fußballerinnen im Land hervor. „Im Gegensatz zu den Topnationen haben wir einen viel kleineren Pool an Spielerinnen, umso faszinierender und höher zu beurteilen sind unsere Leistungen“, so Fuhrmann.

Insbesondere im letzten Drittel steigerte Österreich seine Passquote um 13 Prozent – wieder war nur England (21) besser. Im Schnitt aller Teams fanden 64 Prozent der Zuspiele eine Kollegin. Vor fünf Jahren sind es noch 57 gewesen, das zeugt von mehr Geduld und Präzision beim Aufbau von Angriffen. Am deutlichsten macht sich das letztlich in der Torbilanz bemerkbar. Denn mit den bislang 92 erzielten (vor dem Finale) sind es knapp über drei pro Spiel im Vergleich zu 2,19 von 2017 (damals sind im gesamten Turnier 68 Treffer gefallen). Mit Ausnahme des Viertelfinales zwischen Frankreich und den Niederlanden blieb keine der bislang 30 gespielten Partien nach 90 Minuten torlos.

17 Fouls gab es im Schnitt pro 90 Minuten und damit sieben weniger als bei der EM davor. Das Tempo ist dank weniger Unterbrechungen also ein höheres, zudem führten auch weniger Fehler zu Gegentoren (8 vs. 12).

Die jungen Zielmärkte

Neben der Rekordzahl an Fans in den Stadien vermeldete die Uefa auch neue Bestwerte für die Sichtbarkeit in Social Media. Über 150 Millionen Interaktionen wurden allein für die Gruppenphase verzeichnet, das meiste davon spielte sich auf der vor allem bei Jugendlichen beliebten Plattform TikTok (39,7 Prozent) ab.

All das stimmt Uefa-Chef Čeferin zuversichtlich. „Vielleicht sollten einige Menschen damit anfangen zu denken, dass es sich lohnt, in den Frauenfußball zu investieren.“ Die Vergabe der nächsten EM 2027 im Dezember wird den Weg weisen. (swi)

Kontinentalmeisterinnen

Brasilien gewann zum achten Mal die Copa América. Die Seleção setzten sich ohne das Ausnahme-Trio Cristiane, Formiga und Marta im Finale in Bucaramanga gegen Gastgeber Kolumbien durch ein Elfmetertor von Debinha (39.) mit 1:0 durch.

Südafrika triumphierte vor einer Woche mit einem 2:1 über Marokko erstmals im Afrika-Cup. Ein Doppelschlag von Hildah Magaia sicherte nach fünf verlorenen Endspielen den ersten Titelgewinn.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.08.2022)

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