Prinzendorf

Nach Nitschs Tod: Das Spiel geht nie zu Ende

Es begann im Regen und endete am Sonntag im Sonnenschein: die Realisierung der ersten zwei Tage des „Sechstagespiels“ auf Schloss Prinzendorf.
Es begann im Regen und endete am Sonntag im Sonnenschein: die Realisierung der ersten zwei Tage des „Sechstagespiels“ auf Schloss Prinzendorf.(c) H. Nitsch GmbH/Feyerl
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Der Aktionist hat sein Werk klug auf ein Leben nach seinem Tod vorbereitet. Am Wochenende wurde sein „Sechstagespiel“ begonnen, in den nächsten Jahren wird es fortgesetzt.

Mit viel Blut und Regen begann sie am Samstag etwas schwerfällig, steigerte sich allmählich, bis ein immenser Exzess zu Tagesende Tomaten und Trauben, Lungen und Gedärme wie schwerelos durch die Luft vor der Schlossfassade wirbeln ließ, derart, dass sie sich in den duftenden Rosensträuchern, sogar in der Laterne verfingen. Mit durchdringender Musik und monumentaler Malerei, rinnenden Farbströmen und stechendem Gestank endete sie am Sonntag in praller Sonne – die erste posthume Realisation des „Orgien Mysterien (OM) Theaters“ von Hermann Nitsch.

An genau dem Ort, den der Aktionistenmeister für sein archaisches Weihespiel vorgesehen hat, Schloss Prinzendorf im Weinviertel. Nach genau der minutiös erarbeiteten Partitur, die er in einem halben Jahrhundert für alle Sinne verfeinert hat. Und genau mit den Menschen, die er, weise und schlau, für diese Rollen vorbereitet hatte: Ein enges Team rund um Rita Nitsch wirkte in heiligstem Ernst zusammen, Ziehsohn Leonhard Kopp, Assistenten Frank Gassner und Josef Smutny, Dirigent Andrea Cusumano. Sie führten eine erfahrene Gruppe weiß gekleideter, bald blut- und farbbefleckter Akteurinnen und Akteure durch die Stationen der ersten zwei Tage des „Sechstagespiels“, 1998 uraufgeführt als spektakuläres Ganzes unter Protesten von Tierschützern und Kirche. Nichts davon diesmal. Kein Geschrei.

Zu Tode erschöpft nach Bayreuth

Nur Sentimentalität. Liegt doch auf der Rückseite des Schlosses, im Rücken aller voriges Wochenende Zusammengekommener, die Gruft des Ostermontag verstorbenen Künstlers. Jemand hat Federn seiner geliebten Pfauen auf sie gelegt, geschnitzte Stäbe, Steinchen. Wer hätte das geahnt, als Nitsch vor fast genau einem Jahr aus Bayreuth hierher zurückkehrte, ja, erschöpft von der triumphalen Zusammenführung zweier großer Gesamtkunstwerke in Wagners „Walküre“. Aber erschöpft zu Tode?

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