Quergeschrieben

Blaue Stimmung im grünen Rauchwölkchen

Asymptomatische Covid-Erkrankte dürfen jetzt überall hin. Dient es der Wirtschaft, wenn nun aus Sicherheitsgründen jene daheimbleiben, die nicht infiziert sind?

Eine engagierte Corona-Ärztin und Impfbefürworterin wurde buchstäblich in den Tod gehetzt. Lisa-Maria Kellermayr hat sich das Leben genommen, weil sie monatelang anonyme Hassmails und Morddrohungen, aber kaum oder jedenfalls zu wenig Unterstützung von Polizei, Politik und Ärztekammer bekommen hat. Im Gegenteil: Als sie öffentlich um Hilfe und Schutz bat, unterstellte man ihr Geltungssucht und ließ sie wissen, dass ihre Kassenstelle, sollte sie denn frei werden, sicher rasch nachbesetzt werden könne. Nun ist sie frei, die Kassenstelle. Und die Ärztekammer erschüttert. Auch aus türkisen, grünen und roten Politbüros sowie aus dem Bundespräsidentenamt twittert jede Menge Betrübnis und Bedauern. Nur die blaue Riege schweigt. Vermutlich leider nicht aus Scham. Oberschwurbler Herbert Kickl, Fan des Pferdeentwurmungsmittels Ivermectin als Coronaheilmittel, hat bekanntlich Covid-Impfstoffe mit Gammelfleisch verglichen. Auch Kickls Frau fürs Grobe, Dagmar Belakowitsch, die auf Anti-Covid-Demonstrationen um der schlechten Pointen willen ein krasses Verständnis von Wahrheit erkennen ließ, hat es die Rede verschlagen. Dafür frohlockten die zwei FPler Gerhard Kaniak (Gesundheitssprecher) und Susanne Fürst (Verfassungssprecherin) in einer gemeinsamen Presseaussendung, „freiheitlicher Druck scheint sich auszuzahlen“. Grund für ihre Freude ist, dass nach der Impfpflicht nun auch die Quarantäneregeln gekübelt wurden.

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Rund 360.000 Menschen in Österreich sind derzeit an Krebs erkrankt, 25.000 Menschen erleiden jährlich einen Schlaganfall. 9000 Menschen sind HIV-positiv, etwa 600.000 haben Diabetes, 1,6 Millionen Bluthochdruck, zwischen 30.000 und 50.000 Morbus Crohn oder Colitis Ulcerosa. Diese mehr als drei Millionen Menschen plus 1,75 Millionen Seniorinnen und Senioren – in Summe also fast die Hälfte der österreichischen Bevölkerung – sind das, was man bisher im Zusammenhang mit Corona als vulnerabel bezeichnet hat. So dienlich wird es der Wirtschaft wohl nicht sein, wenn sie sich nun anstelle der Covid-Infizierten eigenverantwortlich isolieren. Denn am Arbeitsplatz kann der Kollege, im Theater die Sitznachbarin, im Beisel die Bedienung symptomlos positiv sein und, weil es eh niemand kontrolliert, auch keine Maske tragen. Wer vernachlässigt eigentlich seine Fürsorgepflicht, wenn jemand in der Arbeit angesteckt wird und danach an Long Covid laboriert: der Chef? Der Gesundheitsminister? Der Staat? Vielleicht hat ja Oberösterreichs Ärztekammervizepräsident eh diese rund vier Millionen Menschen gemeint, als er sagte, die neuen Quarantäneregeln grenzten an „Körperverletzung von Nichterkrankten“? Dass infiziertes Ärzte- und Pflegepersonal Dienst tun und covidpositive Sanitäter zwar im Rettungsauto fahren, aber den Patienten dann nicht in das Krankenhaus tragen dürfen, ist ja fast schon so absurd wie ein Schwank aus Schilda. Tatsächlich ist die covidiotische Kniefälligkeit des grünen Gesundheitsministers nicht verwunderlich. Schließlich gibt es bald Bundespräsidentenwahlen, zwei dezidierte Impfgegner, Walter Rosenkranz (F) und Michael Brunner (MFG), wollen gegen Alexander Van der Bellen antreten. Die eine oder andere Stimme soll also wohl in grünen Rauchwölkchen aus dem Pool der Covid-Skeptiker zurückschweben. (So gesehen ist der Ex-Arzt und Bierparteigründer Dominik Wlazny alias Marco Pogo die intellektuell vermutlich herausforderndste Konkurrenz für VdB.)

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