Mahnwache

Lichtermeer und Stille für oberösterreichische Ärztin Kellermayr

In Stille fand man sich Montagabend auf dem Stephansplatz zur Mahnwache ein.
In Stille fand man sich Montagabend auf dem Stephansplatz zur Mahnwache ein.Steinbrenner
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Bei Mahnwachen in Wien und Oberösterreich gedenken zahlreiche Menschen am Montagabend der verstorbenen Ärztin Lisa-Maria Kellermayr. Sie wurde über Monate hinweg von der Impfgegner-Szene bedroht.

Es war eine beunruhigende Stille, die sich am Montagabend trotz der Menschenmenge am Stephansplatz breit machte. Die Betroffenheit, die der Tod der oberösterreichischen Ärztin Lisa-Maria Kellermayr ausgelöst hatte, sie war deutlich zu spüren.

Obwohl bereits gut gefüllt, drängten sich ab 20 Uhr noch mehr Menschen auf den Platz, rund 3000 waren es, schätzte die Polizei. Sie alle wollten am Lichtermeer für die verstorbene Allgemeinmedizinerin teilnehmen. Menschen hielten Transparente in die Höhe. Auch die Polizei fand sich am Rand der Veranstaltung, die Lage war aber entspannt, Impfgegner waren keine zu sehen. Die Teilnehmer der Gedenkveranstaltung stimmten mehrere Lieder an, darunter das Protestlied "We Shall Overcome".

"Ich hoffe auf ein starkes gemeinsames Zeichen für gesellschaftlichen Zusammenhalt und gegen Hass", sagte Daniel Landau, Organisator und Initiator von #YesWeCare, im Vorfeld der Veranstaltung gegenüber Kathpress, er stand mit der Ärztin in Kontakt. Das Zeichen ist gelungen, auch die Glocken des Doms läuteten. Auch nach der eigentlichen Veranstaltung blieben die Menschen, redeten miteinander, über Lisa-Maria Kellermayr und darüber, dass sich etwas ändern muss.

Dompfarrer Toni Faber unterstützte die Initiative, ebenso die Österreichische Ärztekammer. Auch Wissenschafter nahmen an der Mahnwache teil, darunter beispielsweise der Molekularbiologe Ulrich Elling. Am Stephansplatz fanden sich unter anderem auch der frühere SPÖ-Gesundheitsminister Alois Stöger sowie Seniorenbund-Obfrau Ingrid Korosec (ÖVP) ein. Auch der ehemalige Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) gedachte der toten Ärztin.

Bedrohungen über Monate hinweg

Die Ärztin war monatelang - offensichtlich aus der Impfgegner-Szene - bedroht worden. Auf ihrer Homepage machte sie auch erhaltene Schreiben mit drastischen Morddrohungen öffentlich. Nach eigenen Angaben investierte sie zuletzt insgesamt rund 100.000 Euro aus eigener Tasche in die Sicherheit ihrer Praxis. Im Juni schloss sie die Ordination zunächst vorübergehend, schließlich verkündete sie die endgültige Schließung. Man könne Arbeitsbedingungen "wie wir sie die letzten Monate erlebt haben" niemandem zumuten, begründete sie den Schritt. Am Freitag verübte sie in ihrer Ordination Suizid.

Die "Kronen Zeitung" hatte am Wochenende berichtet, dass Kellermayr in Abschiedsbriefen heftige Kritik an der Landespolizeidirektion und der Ärztekammer Oberösterreich geübt habe. Die Ärztekammer beteuerte, man habe der Kollegin jede Hilfe angeboten, zu der man in der Lage gewesen sei. Die Polizei wollte zu dem Abschiedsbrief nichts sagen. Die Staatsanwaltschaft Wels hatte im Juni das Ermittlungsverfahren gegen einen deutschen Verdächtigen eingestellt - mit der Begründung, man sei nicht zuständig, sondern deutsche Behörden. In Österreich ermittelt die Polizei allerdings weiter gegen unbekannte Täter.

Vielerorts Betroffenheit

Auch vor der Arztpraxis in Oberösterreich und dem Gesundheitsministerium in Wien legten Menschen Blumen nieder und entzündeten Kerzen. An einer Mahnwache in der Linzer Innenstadt nahmen Montagabend knapp 300 Menschen teil, 150 Menschen fanden sich in Wels vor dem Gericht ein.

In Linz wurden am Taubenmarkt rund um den Brunnen Kerzen aufgestellt und Blumen vor einem Bild Kellermayrs niedergelegt. Nach einer kurzen Ansprache der Veranstalterin blieb die Menge auch hier lange in stiller Andacht stehen.

(APA/red)

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