Nancy Pelosi, Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, besucht trotz Warnungen Chinas Taiwan. China lässt seit Montag mehrere Kriegsschiffe in der Meerenge vor Taiwan patrouillieren. Moskau sagte Peking Unterstützung zu.
Die Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, ist zu einem Besuch in Taiwan eingetroffen - trotz drohender militärischer Gegenreaktion. Ihr Flugzeug landete am Dienstagabend (Ortszeit) in der Hauptstadt Taipeh. Die Spitzenpolitikerin setzte sich damit über Warnungen aus China hinweg, das die demokratische Insel als Teil der Volksrepublik ansieht. Kurz vor dem Eintreffen Pelosis überflogen chinesische Kampfflugzeuge nach Angaben des chinesischen Staatsfernsehens den Meeresweg der Taiwanstraße.
Es handelt sich demnach um Maschinen des Typs SU-35, wie der Sender CCTV am Dienstag berichtete. Wie viele es waren und welches Ziel sie hatten, wurde nicht mitgeteilt. Die knappe Mitteilung erfolgte kurz vor der erwarteten Landung der Vorsitzenden des amerikanischen Repräsentantenhauses in Taiwans Hauptstadt Taipeh. China hatte im Vorfeld eine militärische Reaktion auf den Besuch Pelosis angekündigt. So erklärte das Verteidigungsministerium in Taipeh am Dienstag, wenn die Spannungen zunähmen, würden als Reaktion auf "feindliche Bedrohungen" in angemessener Weise Streitkräfte entsandt. Taiwan habe einen vollständigen Überblick über die militärische Aktivität in seiner Umgebung.
Zuvor waren einem Insider zufolge mehrere chinesische Kampfflugzeuge nahe der Grenzlinie in der Straße von Taiwan geflogen. Zudem patrouillieren chinesische Kriegsschiffe seit Montag in der Nähe der inoffiziellen Pufferzone in der Meerenge. Der Status Taiwans ist einer der Hauptkonfliktpunkte zwischen den USA und China.
Taiwan: „Fähigkeit, nationale Sicherheit zu gewährleisten“
Das Verteidigungsministerium erklärte weiter, es habe die "Entschlossenheit, Fähigkeit und das Vertrauen", Taiwans nationale Sicherheit zu gewährleisten. Es seien bereits verschiedene, nicht näher bezeichnete Pläne für einen Notfall ausgearbeitet worden.
Kurz vor dem erwarteten Besuch von Nancy Pelosi in Taiwan legten unbekannte Hacker unterdessen die Webseite der taiwanischen Präsidentin Tsai Ing-wen lahm. Das Präsidialamt in der Hauptstadt Taipeh bestätigte einen Ausfall für rund 20 Minuten am Dienstagnachmittag. Es seien Gegenmaßnahmen ergriffen worden, sodass die Webseite nun wieder normal funktioniere. Alle Regierungsstellen hätten ihre Wachsamkeit und Schutzmaßnahmen gegen die Cyber-Attacken verstärkt, sagte ein Sprecher des Präsidialamts in Taipeh. Woher die Angriffe kamen, wurde nicht gesagt.
Pelosi zuvor in Malaysia eingetroffen
Pelosi ist am Dienstagvormittag (Ortszeit) in Malaysia eingetroffen. Die 82-Jährige wollte dort laut staatlicher Nachrichtenagentur Bernama im Laufe des Tages mit Malaysias Ministerpräsident Ismail Sabri Yakoob zusammentreffen. Am Mittwoch könnte es ein Treffen mit Präsidentin Tsai Ingwen geben.
Der Reiseplan ist nach US-Medienberichten allerdings in Bewegung, während das Pentagon alle Schritte der chinesischen Seite beobachte und "rund um die Uhr" daran arbeite, die Sicherheit der Nummer Drei in den USA zu gewährleisten, wie es hieß.
Chinas Muskelspiel
China protestiert seit Wochen gegen eine mögliche Reise Pelosis nach Taiwan und hatte am Montag mit ernsthaften Konsequenzen gedroht. Ein Sprecher des Außenministeriums sagte, das Militär der Volksrepublik werde nicht tatenlos zuschauen, wie Pelosi in Taiwan eintreffe. Ein Besuch hätte ungeheuerliche politische Auswirkungen. Welche Konsequenzen konkret zu erwarten wären, führte der Sprecher nicht aus.
Russland erklärte am Dienstag seine Solidarität mit China. "Alles im Zusammenhang mit dieser Tour und dem möglichen Besuch in Taiwan trägt natürlich eine höchst provokative Note", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. "Wir wollen noch einmal betonen, dass wir hier absolut solidarisch mit China sind."
Die Volksrepublik China, die Taiwan als Teil ihres Territoriums erachtet, protestiert seit geraumer Zeit gegen einen möglichen Besuch Pelosis auf der Insel. Taiwan dagegen hat mehrfach erklärt, es sei ein unabhängiges Land und trage den Namen Republik China. Anerkannt wird Taiwan allerdings nur von einigen wenigen Ländern.
Die USA unterhalten zwar wie viele andere Staaten mit Rücksicht auf die Volksrepublik China keine formalen diplomatischen Beziehungen zu Taiwan. Sie unterstützen das Land jedoch mit militärischer Ausrüstung und sind dessen wichtigster Lieferant von Rüstungsgütern.
(APA/dpa/Reuters)