Es gebe zu wenig Impfstoffe und Information, um die Verbreitung der Viruserkrankung zu verhindern, meint die Community. Man arbeite laufend daran, weitere Impfstoffe zu bekommen, entgegnet das Ministerium.
Wegen der sich immer weiter ausbreitenden Viruserkrankung der Affenpocken hat die LGBTIQ-Community am Dienstag Kritik am Gesundheitsministerium geübt. Das Ministerium tue viel zu wenig, um die Verbreitung aufzuhalten, sagte etwa Ann-Sophie Otte, Obfrau der Homosexuellen Initiative (Hosi) Wien. Es gebe zu wenig Impfstoffe und Information über die Krankheit. Es werden dieselben Fehler wie bei der Corona-Pandemie gemacht.
Seit April kursiert die Viruserkrankung auch in Österreich. Bisher wurden 132 Fälle gemeldet (Stand: 1. August 2022). "Im Vergleich zu anderen Staaten ist die Anzahl an bestätigten Affenpockenfällen hierzulande noch auf einem niedrigeren Niveau", argumentierte das Ressort von Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne).
Impfung nur für Risikogruppen empfohlen
Für Österreich gab es erste Impfstoff-Lieferungen von Imvanex/Jynneos in der Höhe von 2300 Dosen. Diese Woche werde eine weitere Lieferung erwartet, so das Ministerium. Vom Nationalen Impfgremium wird eine Impfung derzeit nur für bestimmte Risikogruppen empfohlen.
Für die Community der Lesben, Schwulen, Bisexuellen, transgender, intergeschlechtlichen und queeren Menschen ist das zu wenig. "Bisher ist in Österreich leider kein umfassendes Vorgehen gegen Affenpocken-Ausbrüche erkennbar. Ich habe volles Verständnis dafür, dass sich manche angesichts der Untätigkeit des Gesundheitsministeriums verunsichert fühlen", sagte der Vorsitzende der sozialdemokratischen LGBTIQ-Organisation SoHo, Mario Lindner.
„Nicht annähernd genug Impfungen"
Es würden "nicht annähernd genug Impfungen" bestellt werden, betonte auch Otte. "Österreich hat sich der gemeinsamen Beschaffung über die EU angeschlossen und bekommt daraus gerade einmal 4400 Impfungen. Das ist kaum mehr als die Hälfte der 8000 Impfungen, die allein die Stadt Berlin bekommen wird."
Deutschland habe, zusätzlich zur europäischen Beschaffung, eigenständig 100.000 Impfungen bestellt. "Wieso schafft das österreichische Gesundheitsministerium das nicht?", fragte Otte. "Das Gesundheitsministerium hat aus Corona nichts gelernt."
Ministerium: „Weitere Beschaffungsmöglichkeiten geprüft"
"Über das europäische Kontingent konnten bereits erste Mengen an Impfstoffen nach Österreich geliefert werden, die derzeit aufgrund der limitierten Liefermenge primär bei unmittelbaren Kontaktpersonen zu bestätigten Fällen sowie bei Laborpersonal, das tatsächlich mit Affenpocken-Viren arbeitet, eingesetzt werden", argumentierte das Ministerium.
Und weiter: "Das Gesundheitsministerium arbeitet laufend und intensiv daran, möglichst schnell zusätzliche Impfstoffmengen in Österreich zur Verfügung zu stellen." Deswegen würden auch weitere Beschaffungsmöglichkeiten geprüft.
„Keine umfassende Infomationskampagne"
Ein weiteres Problem sei die mangelnde Information, betonte die Hosi. "Es gibt keine umfassende Informationskampagne, die besonders gefährdete Menschen ausreichend erreichen könnte. Die Informationen sind wieder einmal nicht in einfacher Sprache aufbereitet. Wieder einmal wurden sie nicht in die Sprachen der migrantischen Communitys übersetzt. Wie sollen sich Menschen denn schützen, wenn sie nicht einmal informiert werden, dass sie sich schützen sollten", fragte Otte.
"Schon im Juni waren wir erstmals mit dem Ministerium dazu im Gespräch. Immer wieder wurde der LGBTIQ-Community über verschiedene Kanäle mitgeteilt, das Thema werde ernst genommen, aber die Impfbeschaffung über die EU würde eben Zeit brauchen. Letzte Woche haben wir dann beim ersten direkten Austausch in zwei Monaten erfahren, wie wenig das Ministerium tatsächlich tut", meinte Otte. "Wieder einmal wird rumgesessen, zugewartet und gehofft, das Problem würde sich von selbst lösen."
SPÖ: „Brauchen dringend mehr Impfdosen"
Lindner, der Gleichbehandlungssprecher der SPÖ, hatte vor wenigen Wochen die erste parlamentarische Anfrage zum Kampf gegen Affenpocken eingebracht. Er sieht dringenden Handlungsbedarf seitens des Gesundheitsministers: "Jetzt ist weder die Zeit für Alarmismus und Panikmache noch für eine Bundesregierung, die wegschaut und die Lage ignoriert. Wir brauchen dringend mehr Impfdosen und eine nachvollziehbare, präventionsorientierte und ruhige Kommunikation seitens aller öffentlichen Stellen."
(APA)