Nicht nur Mediziner, auch immer mehr deutsche Politiker melden sich zu dem Tod der Ärztin zu Wort. Die erste Reihe der österreichischen Exekutive blieb hingegen weitgehend still.
Der Tod der monatelang mit Morddrohungen von Impfgegnern konfrontierten oberösterreichischen Ärztin Lisa-Maria Kellermayr hat nicht nur national, sondern auch international Wellen geschlagen. Politiker und Experten, die ebenfalls bedroht werden, solidarisierten sich. Allerdings: Während sich nun auch in Deutschland etliche hochrangige Politiker klar äußerten, ist aus der österreichischen Bundesregierung vorwiegend Schweigen zu vernehmen.
In Deutschland meldeten sich etwa Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), SPD-Vorsitzende Saskia Espen, Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz, der Präsident der deutschen Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, und sogar der stellvertretende Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Jörg Radek, zu Wort. Tenor aller: Es müsse mehr gegen den zunehmenden Hass im Netz unternommen werden. Die deutschen Entertainer Joko und Klaas thematisierten Kellermayr ihre Show am Dienstag, der britische „Guardian“ widmete ihr einen Bericht.
Van der Bellen twittert, Nehammer schweigt
In Österreich rief Bundespräsident Alexander Van der Bellen noch am Todestag Kellermayrs zu einem Ende des Hasses auf, legte sogar vor der Praxis in Seewalchen Blumen nieder. Auch Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) kondolierte per Twitter. Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) und SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner zeigten sich ebenfalls betroffen.
Die erste Reihe der Exekutive blieb allerdings weitgehend still: Weder Bundeskanzler Karl Nehammer, noch Innenminister Gerhard Karner oder der oberösterreichische Landeshauptmann Thomas Stelzer (alle ÖVP) meldeten sich aktiv zu Wort. Einzig die oberösterreichische Gesundheitsreferentin Christine Haberlander (ÖVP) bekundete in einer Aussendung nicht nur ihr Beileid, sondern forderte auch die Möglichkeit grenzüberschreitender Strafverfolgung für Hass-Delikte. Darüber hinaus gab es aber keine Wortspenden von Politikern in Regierungsfunktionen und keine Teilnahme an den zahlreichen Mahnwachen.
Polizei und Staatsanwaltschaft, die vor allem in sozialen Medien heftig in der Kritik stehen, sie hätten zu wenig ermittelt bzw. Kellermayr zu wenig Schutz und Unterstützung geboten, wollen sich nicht konkret zu diesen Vorwürfen äußern. Man habe getan, was in dem Fall möglich war, hieß es. Das sagt auch die oberösterreichische Ärztekammer, die der Ärztin - wie die Landespolizeidirektion Oberösterreich - zu mehr Zurückhaltung in der Diskussion geraten hatte. Außerdem wurde ihr von einem Funktionär mitgeteilt, dass ein Nachfolger für die Kassenarztpraxis schnell gefunden werde.
Es gibt eine Reihe Hilfseinrichtungen und Anlaufstellen für Menschen in akuten Krisensituationen. Unter www.suizid-praevention.gv.at findet man Notrufnummern und Erste Hilfe bei Suizidgedanken.
Telefonische Hilfe gibt es auch bei:
Kriseninterventionszentrum (Mo-Fr 10-17 Uhr): 01/406 95 95, kriseninterventionszentrum.at
Rat und Hilfe bei Suizidgefahr 0810/97 71 55
Psychiatrische Soforthilfe (0-24 Uhr): 01/313 30
Sozialpsychiatrischer Notdienst 01/310 87 79
Telefonseelsorge (0-24 Uhr, kostenlos): 142
Rat auf Draht (0-24 Uhr, für Kinder & Jugendliche): 147
Gesprächs- und Verhaltenstipps: bittelebe.at
Hilfe für Menschen mit Suizidgedanken und Angehörige bietet auch der noch recht junge Verein „Bleib bei uns“. www.bleibbeiuns.at
(APA/Red.)