Gastkommentar

Zwischen Draghi und Tragik

Italien könnte nach Mario Draghis Rücktritt wieder zum „Problemkind“ für die EU werden.

Die Autorin:

Marlon Possard (*1995) ist Assistent (ab 09/2022) am Institut für Treuhand-, Revisions- und Rechnungswesen an der Wirtschaftsuniversität Wien (WU).

Eine weitere italienische Regierung löst sich auf. Italien, eines der hoch verschuldeten Länder innerhalb der EU, schlittert in die nächste Krise, obwohl das Land in der Vergangenheit bereits von vielen politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Herausforderungen umgeben war. Italien wählt am 25. September 2022 ein neues Parlament. Und das in Zeiten nicht gänzlich überstandener Pandemie, zunehmender Teuerung und eines russischen Angriffskriegs auf die Ukraine mit damit zusammenhängenden Einschränkungen in Gaslieferungsprozessen. Die Einheitsregierung Draghis, die derzeit noch im Amt ist, wird also bald Geschichte sein.

Die aktuelle Krise, die mit dem Rücktritt des ehemaligen EZB-Chefs und derzeitigen Ministerpräsidenten, Mario Draghi, verbunden ist, der im zweiten Anlauf von Staatspräsident Sergio Mattarella am 21. Juli 2022 angenommen bzw. bestätigt wurde, deutet auf wirtschaftliche und gesellschaftliche Problembereiche hin. Auch zeichnet sich ab, dass die Koalitionsverhandlungen nicht einfach werden könnten. Aktuellen Umfragen zufolge könnte sich eine politische Zusammenarbeit zwischen den Parteien Fratelli d'Italia, Forza Italia und Lega ausgehen. Eine rein national und rechts ausgerichtete Parteien- und Regierungslandschaft schadet Italien zukünftig längerfristig. Durch den Rücktritt Draghis geht jenes Vertrauen verloren, das er in den vergangenen Monaten mit viel Mühe im Land etabliert hat. Jedenfalls wurde Draghi nicht die effiziente Art und Weise seines Handelns zum Verhängnis, sondern die Machtübernahme der rechten Parteien, die im Hintergrund schon längst in Vorbereitung war und weiterhin ist. Der ökonomische Reformplan für Italien, der durch Draghi etabliert wurde, geht zugunsten taktischer Kalküle bestimmter Parteien unter.

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