Folterungen in Abu Ghraib als Kunstwerk: Protest auf Berlin Biennale

Der französische Künstler Jean-Jacques Lebel verwendete Fotos von Folterszenen aus dem Irak. Ihm wird nun vorgeworfen, Bilder von Opfern zu kommerziellen Zwecken zu benutzen.

Kunst regt auf. Die Documenta kommt wegen erneuter Antisemitismus-Vorwürfe (wegen einer ausgestellten Broschüre aus Algier von 1988) nicht aus den Schlagzeilen, nun gibt es auch Proteste gegen ein Kunstwerk auf der Berlin Biennale: In den Rieckhallen des Museums Hamburger Bahnhof ist ein Kunstwerk des Franzosen Jean-Jacques Lebel ausgestellt. Dominiert wird dieses von Fotos von Erniedrigungen und Folterungen an irakischen Gefangenen im Gefängnis Abu Ghraib, aufgenommen von US-Soldaten. Großformatige Ausschnitte hängen als leinwandgroße Ausdrucke an Wänden und im Raum. Vor dem Betreten des abgetrennten und von außen nicht einsehbaren Raumes werden Besucherinnen und Besucher auf die grausamen Darstellungen hingewiesen.

Gegen das Werk wandte sich die Leihgeberin einer Arbeit, Rijin Sahakian, in einem von 15 Künstlerinnen und Künstlern mit unterzeichneten offenen Brief. Darin heißt es unter anderem, die Biennale habe mit der Ausstellung der Arbeit "Fotos von unrechtmäßig inhaftierten und brutal behandelten irakischen Körpern" unter der US-Besatzung verwendet. Diese würden zu kommerziellen Zwecken benutzt ohne Zustimmung der Opfer und ohne Mitwirkung der an der Biennale teilnehmenden irakischen Künstler. Deren Werke seien ohne ihr Wissen neben der umstrittenen Arbeit installiert worden.

Vonseiten der Biennale wurde am Mittwoch darauf hingewiesen, dass den beiden irakischen Künstlern andere Orte für ihre Arbeiten angeboten worden seien. Eine Arbeit sei bereits umgehängt worden, bei dem zweiten Werk gebe es noch Gespräche mit dem Künstler. Kurator Kader Attia bereite eine Stellungnahme für die Biennale vor.

Die zwölfte Version der Berlin Biennale unter dem Titel "Still Present!" zeigt an sechs verschiedenen Orten bis zum 18. September Arbeiten von 70 Kunstkollektiven, Künstlerinnen und Künstlern. Die Berlin Biennale hat den Anspruch, mit einem politischen Profil für eine engagierte Kunst zu stehen, "die sich den drängenden Fragen der Gegenwart stellt".

Folter in Abu Ghraib

Im Gefängnis Abu Ghraib hatten Angehörige der US-Truppen irakische Gefangene misshandelt. Der Skandal wurde durch erste Veröffentlichungen 2004 bekannt. Bei der juristischen Aufarbeitung in den Folgejahren gab es unter anderem Haft- und Disziplinarstrafen für zahlreiche US-Soldatinnen und Soldaten.

(APA/dpa)

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