Fahrbericht

Elektrisches Monster-SUV von BMW: Strom gegen Asphalt

Antriebsleistung wie eine geladene Waffe: BMW iX M60. Allrad erdet bis über 1000 Newtonmeter Drehmoment, dies so gut wie aus dem Stand.
Antriebsleistung wie eine geladene Waffe: BMW iX M60. Allrad erdet bis über 1000 Newtonmeter Drehmoment, dies so gut wie aus dem Stand. Clemens Fabry
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Nichts für die untrainierte Nackenmuskulatur: BMW zeigt mit dem iX M60 eine Art Blitzableiter auf Rädern - mit dem Faradayschen Käfig als Luxus-Kokon. Von Hans Zimmers Kompositionen hören Fußgänger leider nur das Warngeräusch.

M, der schnelle Buchstabe bei BMW: Abgesehen von den beliebten Ausstattungspaketen, die nur schnell ausschauen, steht er für gepflegte Übermotorisierung quer über alle Baureihen. Mitunter kann das pubertär wirken, wenn der Auspuffkrawall aufgehusster Pummelchen wie X4 oder X6 durch die Gassen der Vorstadt hallt. Die Geschäfte der als eigene Einheit agierenden M GmbH laufen jedenfalls glänzend.

M geht aber auch nahezu lautlos, weil elektrisch. Den i4 M50 hatten wir schon zu Gast, eine rundum überzeugende Sache, ganz ohne Krawall. Für uns das derzeit beste E-Auto, freilich mit dem Makel, dass es in der Luxusklasse rangiert. Auch das XXL-Format in Form des iX (als xDrive50, steht für Allrad und die mittlere Motorisierung) hat einen guten Eindruck hinterlassen. BMW liefert, wo andere ankündigen, bloß halt nur dort, wo sich feine Margen realisieren lassen. Vom smarten City-Format des soeben eingestellten i3, wenngleich der auch nicht billig war, ist man weit entfernt.

Peitschenschlag

Luxus-Kokon, auf Wunsch mit Drehregler aus Kristallglas.
Luxus-Kokon, auf Wunsch mit Drehregler aus Kristallglas. Clemens Fabry
Diskret verpackt - dafür jedenfalls, dass der iX M60 so schnell beschleunigt wie ein Supercar.
Diskret verpackt - dafür jedenfalls, dass der iX M60 so schnell beschleunigt wie ein Supercar. Clemens Fabry

Die M-Variante des iX schreit nun nach einer neuen Kategorie, weil ein solches Auto bislang nicht auf dem Markt war. Porsche wird nach E-Macan und E-718 ein rein elektrisches Luxus-SUV auf die Räder stellen – die Stuttgarter werden bei BMW Maß nehmen müssen. Man darf Porsche nie unterschätzen, doch ist momentan schwer vorstellbar, wie sich da noch etwas drauflegen lassen soll – die horizontalen Fliehkräfte fühlen sich in diesem Fünfmeterschiff an wie in einem der spektakuläreren Fahrgeschäfte im Prater. Ohne Kopfstützen drohte unvorbereiteten Passagieren beim Beschleunigen wohl das Peitschenschlagsyndrom. Und es geht auch sehr flott, wenn auch etwas elefantig, durch die Kurven.
Woraus speist sich die elektrische Übermotorisierung? An Vorder- und Hinterachse sitzt je eine sogenannte stromerregte Synchronmaschine, ein komplex zu steuerndes, aber hocheffizientes Aggregat (wie es ab 2025 auch im Motorenwerk Steyr hergestellt werden wird). Vorn werden maximal 190 kW, hinten aber (doppelte Wicklung, sechs Phasen) 360 kW mobilisiert, in maximaler Zuspitzung („Launch Control“) lauern kurzfristig 1100 Newtonmeter Drehmoment aufs Losbrechen. Filmmusiklegende Hans Zimmer hat für alle Fahrzustände die Sounds komponiert.
Damit wären die (fast antik anmutend) mit Auspuff bewehrten M-Modelle trotz lautstarken Protests gründlich entzaubert, denn die 3,8 Sekunden für den Sprint aus dem Stand auf 100 km/h gelten nicht für einen Supersportwagen, sondern ein 2,7-Tonnen-SUV (mit zugelassenen 2,5 Tonnen Anhängelast). Um dergestalt eine akzeptable Reichweite sicherzustellen – um die 450 Kilometer sind ein Wert aus dem realen Gebrauch –, bunkert die Batterie über 105 kWh.
Das mag alles nicht wahnsinnig sinnstiftend sein, ist von BMW aber äußerlich recht diskret in einen Luxus-Kokon verpackt, der der Aufgeregtheit im Antriebsstrang durch Hightech-Ästhetik mit nordischer Kühle zu begegnen vermag. Dazu gehören „smarte“, mit Funktionen versehene Oberflächen ebenso wie das ansehnliche „Curved Display“, das auf Heimkino macht – und das man zum Glück ausschalten kann, nachdem man erkannt hat, dass es eigentlich gar nichts zu schauen gibt, abgesehen von allerlei „eye candy“, das um Aufmerksamkeit heischt.

Die weniger brachiale iX-Variante sei durchaus empfohlen, der M60 ist hingegen „over the top“: schon faszinierend, aber sinnlos.

BMW iX M60

Maße L/B/H 4953/1967/1695 mm. Radstand 3000 mm. Leergewicht
2659 kg. Kofferraum 500 bis 1750 Liter.
Antrieb zwei stromerregte Synchronmaschinen max. 190/360 kW, Systemleistung max. 455 kW (619 PS), max. 1015 Nm. Allrad. 1-Gang-Getriebe. Li-Io-Akku, 105,2 kWh netto. Ladeleistung max. 11 kW AC, max. 195 kW DC.
0–100 km/h in 3,8 Sek., Vmax 250 km/h.
Testverbrauch 22,8 kWh/100 km.
Preis ab 133.600 Euro.

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