Bionik

Strahlende Farben mit Nanotechnologie

Die bunte Vielfalt der Schmetterlinge ergibt sich durch „Strukturfarben“: Der Farbeindruck entsteht nicht durch Pigmente, sondern durch Oberflächenstrukturen.
Die bunte Vielfalt der Schmetterlinge ergibt sich durch „Strukturfarben“: Der Farbeindruck entsteht nicht durch Pigmente, sondern durch Oberflächenstrukturen.Getty Images
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An der Uni Salzburg kommen Käfer und Schmetterlinge unters Mikroskop, um die Geheimnisse ihrer leuchtenden Prächtigkeit zu entschlüsseln. Feinste Strukturen auf den Flügeln ergeben ein Schillern oder das weißeste Weiß. Die Technik kann Lacke und Solarkraft verbessern.

Schillernde Schmetterlinge, kräftig glänzende Käfer: Die Farbpracht der Insektenwelt fasziniert immer wieder. Ein besonderes Augenmerk legt der gebürtige Ostfriese Bodo Wilts von der Uni Salzburg auf feinste Strukturen, die auf den Flügeln der Käfer und Schmetterlinge für Glanz und Strahlkraft sorgen. Die vielen unterschiedlichen Farbtöne stammen nämlich nicht von Pigmenten oder Farbstoffen, sondern ergeben sich durch die Brechung und Reflexion der Lichtstrahlen an den Oberflächenstrukturen. Das Prinzip der Strukturfarben oder Interferenz-Farben kennen wir alle von Seifenblasen, Öl auf Wasserlacken oder Sicherheitsmerkmalen auf Geldscheinen: Grundsätzlich farblose Substanzen erhalten schillernde Farbe, je nachdem, wie das Licht darauf fällt.

Vor zehn Monaten, im Herbst 2021, wurde Wilts nicht nur Vater eines Sohnes, sondern zog auch aus der Schweiz nach Salzburg, wo er die Professur für Materialphysik annahm. Hier will er nach dem Vorbild der Natur neue Oberflächenstrukturen erschaffen, die eine nachhaltige Alternative für problematische Materialien sein können. Dazu analysiert sein Team die Strukturen der winzigen Gitter, Näpfchen oder Rippen auf den Käferpanzern und Schmetterlingsflügelschuppen, die die Wellen des Lichts brechen, beugen oder überlagern.

Da ist zum Beispiel der Goldstaub-Laubkäfer (Hoplia argentea) aus dem Alpenraum: Er leuchtet brillant grün, egal aus welchem Winkel man ihn betrachtet. Sein enger Verwandter Hoplia coerulea jedoch hat eine himmelblaue Beschuppung, die sehr unterschiedlich schillert, je nachdem, von welcher Seite man darauf schaut. „Die Natur bietet so viele Nanostrukturen, mehr als wir technologisch herzustellen imstande sind. Es gibt vielfache Lagensysteme zum Beispiel bei Käfern, komplexe 3-D-Strukturen, die in allen Richtungen anders sind, Diamant-Strukturen oder völlig ungeordnete Strukturen“, schwärmt Wilts. Auch das weißeste Weiß hat er nun erforscht: Der südostasiatische Käfer Cyphochilus erreicht dies durch völlig ungeordnete Nanostrukturen des Chitin-Panzers.

„Wir haben die Struktur des Käfers, der mit seinem leuchtenden Weiß so gut wie jedes in der Natur existierende Weiß übertrifft, abgebildet und im Computer verändert, um zu sehen, was man an der Struktur anders machen könnte, um das Weiß noch weißer zu machen – wir haben nichts gefunden“, erzählt Wilts.

Farbe wechselt mit dem Blickwinkel

In der jüngsten Publikation (Advanced Science) beschreibt Wilts mit Schweizer Kollegen, wie die Schuppen-Nanostruktur eines asiatischen Rüsselkäfers sowohl in einer winkelabhängigen orangen Farbe leuchtet als auch in einer winkelunabhängigen blauen.

Ziel dieser Forschung ist, die Farben, die es in der Natur gibt, im Labor technologisch herstellen zu können. „Wir möchten bestehende Materialien, die suspekt sind – wie Titandioxid – ersetzen. Außerdem eröffnet das Möglichkeiten, um Licht zu steuern und kontrollieren, was auch für Fotovoltaikanlagen relevant ist“, sagt Bodo Wilts.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.08.2022)

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