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Die Luft für NFL-Stars wird dünner

Die Liga könnte ein Exempel an ihm statuieren: Browns-Quarterback Deshaun Watson.
Die Liga könnte ein Exempel an ihm statuieren: Browns-Quarterback Deshaun Watson. [ Ken Blaze ]
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Der Missbrauchsskandal um Footballstar Deshaun Watson könnte ein Wendepunkt beim bisher sehr nachsichtigen Umgang der NFL mit den Verfehlungen ihrer Profis werden.

New York. Die Fallhöhe in den US-Ligen für Sportler, denen sexueller Missbrauch vorgeworfen wird, war meist eher gering. Es hatte auch ganz den Anschein, als wäre der Fall von Deshaun Watson, 26-jähriger Star-Quarterback der Cleveland Browns, da keine Ausnahme. Gerade einmal sechs Spiele Sperre hatte er ausgefasst, obwohl 24 Frauen ihn wegen sexueller Belästigung bei Massagebehandlungen verklagt hatten.

Doch dann hat die National Football League NFL überraschend Einspruch erhoben. Sie will ein deutlich härteres Strafmaß erwirken – ein Wendepunkt im Umgang der US-Ligen mit ihren Skandalprofis, die bei ähnlichen Vergehen auch im Sportbetrieb meist wenig befürchten mussten.

Strafrechtlich ist die Sache für Watson bereits erledigt, zwei Geschworenengerichte in Texas verzichteten auf eine Anklage. Mit 23 der 24 Frauen hat er sich inzwischen außergerichtlich geeinigt. Ein Schuldeingeständnis gab es bisher nicht.

Weil der 26-Jährige aber gegen die Verhaltensregeln der Liga verstoßen haben soll, erhielt er eine Zwangspause für die ersten sechs Saisonspiele der Browns. Die von der NFL mit dem Fall betraute ehemalige Bundesrichterin Sue L. Robinson bezeichnete Watsons Verhalten zwar als „ungeheuerlicher als alles, was zuvor von der NFL geprüft wurde“. Eine härtere Strafe lehnte sie aber ab und berief sich dabei auf Präzedenzfälle und die Ligapolitik.

Mit dieser Strafe hätten Watson und auch die Cleveland Browns ganz gut leben können. Der Spielmacher würde zwar ein Drittel der regulären Saison (Ankick am 8. September) verpassen. In der entscheidenden Phase wäre er aber wieder mit von der Partie. Für Watsons Verhältnisse ist auch die finanzielle Strafe milde. Er müsste auf 345.000 US-Dollar verzichten.

Die Browns hatten nämlich keine Hemmungen, Watson heuer nach Cleveland zu holen und ihn mit einem Fünfjahresvertrag über 230 Mio. Dollar auszustatten. Obwohl er wegen der Missbrauchsvorwürfe in der Vorsaison bei den Houston Texans gar nicht mehr zum Einsatz gekommen war.

Zumindest die NFL will die Sache nicht auf sich beruhen lassen. Nach der Berufung können dem Regelwerk zufolge NFL-Boss Roger Goodell oder eine von ihm bestimmte Person eine härtere Strafe verhängen. Auch wenn ein offizielles Statement dazu fehlt, soll die Liga eine Sperre von einer Saison und eine Geldstrafe von acht Mio. Dollar fordern. Außerdem soll sich Watson wenn nötig einer Behandlung unterziehen, bevor er wieder aufs Feld darf.

Rolle der Spielergewerkschaft

Auf einen Blick

Es wäre nicht das erste Mal in seiner Amtszeit, dass NFL-Chef Goodell die Strafe nun eigenhändig verhängt. Dieses Mal aber übergab er den Fall an Peter C. Harvey, den früheren Generalstaatsanwalt von New Jersey, der schon in der Vergangenheit die NFL und andere Sportorganisationen beraten hatte.

2017 etwa war er Teil einer Expertenkommission, die sich mit dem Fall von Ezekiel Elliott beschäftigte. Dem Running Back der Dallas Cowboys war häusliche Gewalt vorgeworfen worden. Obwohl er strafrechtlich nicht belangt wurde, sah die NFL ein Vergehen gegen die Verhaltensregeln der Liga als erwiesen an und sprach eine Sperre für sechs Partien aus, die nach zahlreichen Berufungen schließlich bestätigt wurde.

Einen Zeitplan dafür, wann Harvey im Fall Deshaun Watson zu einer Entscheidung kommen soll, gibt es nicht. Diese soll dann aber für alle Beteiligten bindend sein, erklärte die Liga.

Während selbst Browns-Fans die ursprüngliche Sechs-Spiele-Sperre als gering erachten, sprach sich die Spielergewerkschaft überhaupt gegen eine Strafe aus. Sie könnte wiederum das Berufungsurteil vor einem Bundesgericht anfechten und die die Causa noch einmal in die Länge ziehen.Die National Football League (NFL) hat überraschend Einspruch gegen die verhängte Sechs-Spiele-Sperre von Quarterback Deshaun Watson, 26, eingelegt. NFL-Boss Roger Goodell will ein deutlich härteres Strafmaß erwirken. Dem Star der Cleveland Browns wird sexueller Missbrauch vorgeworfen.

(joe)

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