Der tschechische Ratsvorsitz erwägt, die Ansprüche der Flugpassagiere auf Entschädigung bei Verspätungen zu reduzieren.
Brüssel/Wien. In diesem Sommer der Verspätungen, Flugausfälle und verloren gegangenen Gepäckstücke sind Fluggäste in der Europäischen Union vermutlich ganz besonders froh über den Schutz, den ihnen die EU-Gesetze angedeihen lassen. Nach zähen Verhandlungen Anfang der Nullerjahre trat 2005 die Verordnung 261/2004 in Kraft, die Fluggesellschaften klare (und einklagbare) Vorgaben bezüglich der Entschädigung im Fall von Verspätungen und Stornos macht. Die wichtigste Frist beträgt dabei drei Stunden – ist ein Flug innerhalb der EU bzw. ins oder aus dem Gebiet der Union um mehr als drei Stunden verspätet, haben betroffene Passagiere Anspruch auf nach Distanz gestaffelte Abfertigungen von 250 bis zu 600 Euro.
Diese Abfindungen, die bei den Fluggesellschaften seit dem Inkrafttreten der Verordnung für Unmut gesorgt haben, sind in den vergangenen zweieinhalb Jahren zu einem substanziellen Kostenfaktor geworden. Schätzungen des Airline-Dachverbands Iata zufolge beliefen sich die Entschädigungen, die in den ersten drei Monaten der Coronapandemie im Frühjahr 2020 an Kunden in der EU und Großbritannien ausgezahlt wurden, auf insgesamt mehr als neun Milliarden Euro. Und über die Höhe der nun auf die Fluggesellschaften zukommenden Forderungen gibt es noch keine seriösen Schätzungen. Relativ eindeutig ist indes, dass die vorangegangenen Kürzungen der Ressourcen, die für das nunmehrige Chaos verantwortlich sind, von den Airlines veranlasst worden sind – und somit nicht unter den Passus „außergewöhnliche Umstände“ fallen, der Firmen von der Entschädigungspflicht entbindet.