Intrigen

Es rumort bei den Freiheitlichen

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Trotz der guten Ausgangslage vor den nahenden Wahlen treten rund um den Fall Jenewein blaue Bruchlinien zutage, selbst intern ist von „Misstrauen“ die Rede. Wie die Partei jetzt damit umgeht – und was der Spitze dabei hilft.

Oberflächlich betrachtet läuft es blendend für die FPÖ: In Umfragen liegt man wieder annähernd dort, wo die Partei vor dem Ibiza-Video gewesen war; die Themenlage, von Rekordinflation bis hin zu enorm hohen Asylzahlen, spielt den Freiheitlichen in die Karten, unterdes befindet sich die Bundesregierung in einer Abwärtsspirale. Kurzum: Nach Jahren, in denen die Blauen im Ibiza-Sumpf von einer Wahlschlappe zur nächsten gewatet sind, scheint die FPÖ einigermaßen konsolidiert, bei der Landtagswahl in Tirol wird ihr von Meinungsforschern ein Plus prognostiziert. Und gestern hätte schließlich FPÖ-Mann Walter Rosenkranz seine Präsidentschaftskampagne richtig anwerfen wollen – bei einer Pressekonferenz mit dem selbstbewussten Titel „Mein Weg zur Bundespräsidentschaft“.

Allein, dieser Weg muss ein anderes Mal skizziert werden, die FPÖ hat die Pressekonferenz nämlich abgesagt. Grund dafür sind die zuletzt zutage getretenen Partei-Intrigen. Der einstige Vertraute von Parteichef Herbert Kickl steht – nicht nur parteiintern – im Verdacht, anonyme Anzeigen gegen Wiener FPÖ-Kollegen geschrieben zu haben, er ist mittlerweile freigestellt und aus der Partei ausgetreten. Es geht um Geldflüsse über Vereinskonstruktionen, und es gibt Befürchtungen, dass da noch mehr in die Öffentlichkeit gerät. Um all das werden dieser Tage blaue Bruchlinien sichtbar.

So dürfte hinter dem Konflikt unter anderem ein Streit zwischen Kickl und der Wiener FPÖ stecken, sagen Parteikenner. Wo dieser seinen Ausgang genommen hat, weiß kaum jemand genau; ein altgedienter Blauer erklärt, dass es schon unter Jörg Haider für Spannungen gesorgt hatte, dass dieser – wie Kickl jetzt – mehr Einfluss in der wichtigen Landesgruppe wollte.

Misstrauen in der FPÖ

Die Wiener Blauen mögen derzeit die größten internen Kickl-Kritiker sein, von ihm und seiner schrillen Inszenierung angetan ist man aber auch anderswo nicht – etwa in der verhältnismäßig mittig positionierten FPÖ Oberösterreich. Es mag von Regierungsturbulenzen überdeckt worden sein, aber: Wirklich gelöst wurde der blaue Positionierungskonflikt, der rund um Kickls Kampagne gegen die Corona-Impfung und Auftritte an der Seite berüchtigter Covid-Verharmloser befeuert worden war, offenbar nie.

Dazu kommt eine Vertrauenskrise beträchtlichen Ausmaßes: Parteikennern zufolge hat es für Irritationen gesorgt, dass unlängst in der Jenewein-Causa publik wurde, wie in der Partei geheim Gespräche aufgezeichnet werden. Auch intern wird nun nach Aufklärung verlangt, sagt ein Blauer, am besten in einer Sitzung des Präsidiums. Eine solche sei vor dem Parteitag ohnehin geplant, sagt FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz. Er sucht derzeit einen Termin, „um alle auf denselben Stand zu bringen“. Wegen der Ferienzeit sei das nicht ganz einfach. Sehr eilig habe man es aber nicht, denn: Nein, das sei keine Krisensitzung, betont er. Er selbst und Herbert Kickl seien ja sowieso in Kontakt mit den Landesparteiobleuten. Weil es jedoch nicht Kickls Naturell entspricht, jetzt als freundlicher Verbinder aufzutreten, so hört man, kümmere sich vor allem der leutseligere Schnedlitz um bessere Stimmung. Parteiintern ist von „Misstrauen, das ausgeräumt gehört“ die Rede.

Nicht belegen lässt sich aber der in Berichten behauptete Bruch der Burschenschafterriege der Blauen mit dem Parteichef. Kickl ist zwar kein Korporierter, seine engsten Vertrauten – Ex-Kabinettschef Reinhard Teufel, PR-Mann Alexander Höferl – aber schon.

Droht also – paradoxerweise fast genau 20 Jahre nach dem Putsch von Knittelfeld – wieder einmal die Implosion der FPÖ? Nicht unbedingt, sagen Parteikenner. Letztlich dürfte ein Großteil der Partei auch kein Interesse daran haben, jetzt eine große Führungsdebatte auszutragen, sagt ein blauer Insider. Der simple Grund: Ob der guten Umfragewerte versprechen sich etliche Landesparteien gute Wahlergebnisse. Und da könne man schon über das eine oder andere hinwegsehen.

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