Wird Donald Trumps anhaltende Anziehungskraft auf seine Getreuen ihm erneut die Präsidentschaft ermöglichen? Es wäre unklug, ihn derzeit schon abzuschreiben. Aber er steht vor echten Herausforderungen.
DER AUTOR
Ian Buruma (*1951 in Den Haag) studierte chinesische Literatur in Leiden und japanischen Film in Tokio. 2003 wurde er Professor für Demokratie und Menschenrechte am Bard College in New York. Zahlreiche Publikationen; zuletzt „The Churchill Complex: The Curse of Being Special, From Winston and FDR to Trump and Brexit“ (Penguin, 2020).
An den Fakten zu den Ereignissen am 6. Jänner 2021 in Washington kann es keine Zweifel mehr geben. Obwohl US-Präsident Donald Trump von seinem engsten Kreis, darunter sein loyaler Justizminister William Barr, mitgeteilt bekam, dass er im November 2020 faire Wahlen verloren hatte, brach er die Kardinalregel der Demokratie: Er weigerte sich, seine Niederlage anzuerkennen, und verbreitet seither Verschwörungstheorien über „Wahlbetrug“.
Trump wiegelte vorsätzlich einen bewaffneten Mob zur Erstürmung des Kapitols auf. Und als die Menge begann, die Erhängung von Vizepräsident Mike Pence zu fordern, unternahm er nichts. Vielmehr teilte er seinen Mitarbeitern mit, Pence würde das verdienen, weil er sich geweigert hatte, im Namen Trumps einen Staatsstreich zu inszenieren.