Wikileaks-Enthüllungen bringen Vatikan in Bedrängnis

Vatikan verweigerte Mitarbeit Bericht
Vatikan verweigerte Mitarbeit Bericht(c) REUTERS (TONY GENTILE)
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US-Diplomaten orten "Überbleibsel antisemitischer Einstellungen" im Vatikan. Anfragen zur Untersuchung von Missbrauchsfällen in der katholischen Kirche sollen Verärgerung hervorgerufen haben.

Immer mehr Wikileaks-Enthüllungen bringen den Vatikan in Bedrängnis. So zitiert die "New York Times" aus Depeschen, dass US-Diplomaten "Überbleibsel antisemitischer Einstellungen" unter Mitarbeitern des Vatikan äußerten. Laut einer Depesche aus dem Jahr 2002 soll ein älterer Vatikan-Mitarbeiter das Interesse der US-Regierung am modernen europäischen Antisemitismus mit dem "exzessiven Einfluss von Juden" in US-Medien und -Regierung erklärt haben. Außerdem hat der Vatikan laut anderen Enthüllungen eine Mitarbeit bei der Untersuchung von Kindesmissbrauch durch katholische Geistliche in Irland verweigert. Das geht der britischen Zeitung "Guardian" zufolge aus vertraulichen Telegrammen der US-Botschafterin im Vatikan, Julieta Valls Noyes, hervor. Der Vatikan hat sich demnach geweigert, seine Mitarbeiter vor der irischen Kommission zur Untersuchung von Missbrauchsfällen aussagen zu lassen.

Im Vatikan habe man verärgert auf Anfragen der sogenannten Murphy-Kommission reagiert und das Versäumnis der irischen Regierung beklagt, die Souveränität des Vatikan in der Angelegenheit "zu respektieren und zu schützen". Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone habe die irische Botschaft beim Heiligen Stuhl aufgefordert, für ihre Informationsbeschaffung die üblichen diplomatischen Kanäle zu nutzen.

Die irische Regierung habe dem Kirchen-Druck nachgegeben und Mitarbeitern des Vatikans Immunität gewährt. Nach der nun veröffentlichten Einschätzung der irischen Gesandtschaft habe die "mangelnde Kooperation" des Vatikans die Situation um den Missbrauchsskandal verschlimmert.

Der vom irischen Justizministerium veröffentlichte Report der Murphy-Kommission kam 2009 zu dem Schluss, dass die Erzdiözese Dublin über mehr als 30 Jahre Kindesmissbrauch durch Geistliche systematisch vertuscht habe. Papst Benedikt XVI. hat inzwischen mehrfach sein Bedauern über die Missbrauchsfälle ausgedrückt.

Vatikan: "Kein Kommentar" zu den Depeschen

Als "äußerst gravierend" hat der Vatikan die Veröffentlichung einer Reihe von Depeschen der Aufdecker-Website Wikileaks über Papst Benedikt XVI. und den Heiligen Stuhl bezeichnet. Der Vatikan wolle den Inhalt der Depeschen nicht kommentieren, war in einer am Samstag veröffentlichten Presseaussendung zu lesen. "Die Depeschen spiegeln lediglich die Meinung derjenigen wider, die sie verfasst haben", heißt es in der Pressesendung.

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(Ag.)

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