Materialforschung

Stabil, fest und voller Mikroporen: Holz hat Hightech-Potenzial

Wie man Holz „intelligenter“ machen und es in hochtechnologischen Anwendungen einsetzen kann – daran forscht ein Team der Boku. Eines der Ziele: Holz als Wasserfilter. Die poröse Struktur kann in Verbindung mit chemischen Tricks Schadstoffe einfangen.

Holz gilt gemeinhin nicht unbedingt als Material der Wahl für Hightech-Applikationen. Zu Unrecht, wie Claudia Gusenbauer vom Institut für Holztechnologie und nachwachsende Rohstoffe der Boku Wien, Standort Tulln, meint. Sie verweist auf die einzigartige Struktur des Holzes, von der molekularen Ebene bis hin zur Organisation der Jahresringe. Diese Struktur könne man sich zunutze machen und als Basis für technologische Anwendungen im großen Maßstab nehmen.

Holz weise auch die dafür erforderliche hohe Stabilität und Festigkeit auf. Wenn es gelänge, die erneuerbare, lokal verfügbare und dank ihrer CO2-Speicherfähigkeit auch klimafreundliche Ressource Holz verstärkt im Technologiebereich einzusetzen, wäre dies überdies ein Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit in diesem Bereich.

„Wir wollen – in Kooperation mit der ETH Zürich – das Holz so modifizieren, dass es ,intelligenter‘ wird, dass es also aufgrund seiner besonderen Strukturen, unterstützt durch entsprechende Modifikationen, neue Aufgaben übernehmen kann“, fasst Gusenbauer zusammen. „Wir arbeiten daran, Holz zu funktionalisieren.“

Besonders eine spezielle Eigenschaft hat es den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern angetan: die Porosität des Holzes. Dabei geht es um die Hohlräume in den Zellen, die jeden Stamm durchziehen. Diese sogenannten Lumen können Flüssigkeiten aufnehmen und weiterleiten. Gusenbauer: „Diese Fähigkeit kann man, wenn man das Holz entsprechend behandelt, unter anderem nutzen, um Abwässer zu reinigen, indem man Schadstoffe herausfiltert.“ Wie die Behandlung, die dem Holz diese gewünschte Funktionalität verleiht, aussehen muss, ist Gegenstand der Forschung.

Beispielsweise erfolgt eine Behandlung dadurch, dass – meist über chemische Reaktionen – chemische Gruppen in die Holzstruktur eingebracht werden, die sich dann an bestimmte Bereiche der Zellwände binden. Damit ändern sich die Eigenschaften der Zellwände und können bewirken, dass Substanzen, die man wegfiltern möchte, an ihnen haften bleiben. „Je nachdem, welche Chemikalien man einbringt, kann man auf diese Weise unterschiedliche Substanzen im Holz zurückhalten. Lässt man das verunreinigte Wasser hindurchrinnen, kommt am Ende das gefilterte Wasser heraus. Das funktioniert auch mit Verschmutzungen durch Schwermetallrückstände oder Öle.“

Gusenbauer befasst sich innerhalb dieses Forschungskontexts mit der Frage, welche Modifikationen zu welchen Änderungen im Holz führen. Ihre von Johannes Konnerth betreute Dissertation wurde im Vorjahr von der Gesellschaft für Forschungsförderung des Landes Niederösterreich ausgezeichnet. „Was wir ja letztlich wollen, ist, die Modifikationen gezielt einsetzen“, erklärt die Forscherin. „Dazu muss man zunächst sowohl das Ausgangsmaterial als auch die modifizierten Holzsubstrate genau analysieren.“ Dabei geht es um Untersuchungen im Nanobereich, weshalb hochauflösende Mikroskopietechniken zum Einsatz kommen. Mit dem Rasterkraftmikroskop kann die Topografie kleinster Holzstrukturen abgebildet werden. Gusenbauer hat in ihrer Forschung darüber hinaus erstmals nachgewiesen, dass sich eine Weiterentwicklung dieser Methode, die Chemische Kraftmikroskopie, dazu eignet, zusätzlich die chemischen Oberflächeneigenschaften von Holz zu untersuchen. Gemeinsam mit Forschern einer amerikanischen Universität ist es ihr gelungen, Informationen über Holzeigenschaften in einer Auflösung von weniger als 20 Nanometern zu gewinnen.

Das Material aus der Natur nutzen

Ziel der Forschungsanstrengungen ist es unter anderem, stabile Wasserfiltersysteme für großflächige Nutzungen zu entwickeln. „Man sieht: Nicht nur vom Menschen geschaffene Systeme haben die Fähigkeit, Wasser zu reinigen, sondern auch die Natur hält Materialien bereit, die prinzipiell dazu in der Lage sind“, sagt Gusenbauer.

Die Arbeit der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bestehe darin, ein wenig nachzuhelfen, damit das Holz diese und weitere spezifische technologische Aufgaben lösen kann. Ein Abschluss dieser Grundlagenforschung ist Voraussetzung für die Umsetzung konkreter Projekte in der Anwendung.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.08.2022)

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