Literatur

Roman „Tür an Tür“: Raus aus der Komfortzone

Dominik Barta
Dominik BartaLeonhard Hilzensauer/Zsolnay
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Wohnhäuser sind in Literatur und Film mehr als nur Kulisse: Dominik Barta beschreibt nachbarschaftliche und andere Verflechtungen – doch es gibt noch ein „Draußen“.

So österreichisch! Der Gedanke taucht unweigerlich auf bei der Lektüre von Dominik Bartas Roman „Tür an Tür“. Man sieht das Wiener Genossenschaftshaus im sechsten Bezirk förmlich vor sich mit seinen schrulligen, teils schon ewig hier beheimateten Bewohnern. Kurt, Anfang 30, lebt jetzt auch hier: in der Mansardenwohnung seiner Tante. Rasch taucht er ein in die Tiefen der Nachbarschaft – fast verwunderlich in diesen neobiedermeierlichen Zeiten, da schon so viele den sozialen Rückzug angetreten haben. Bartas Roman ist voller vielschichtiger, undurchsichtiger Figuren – Humor blitzt oft durch, düstere Weltereignisse werden aber nicht ausgespart.

Seinen direkten Nachbarn, Paul Drechsler, lernt er durch ungute Geräusche wie Husten, Schmatzen und die Klospülung kennen, alle deutlich hörbar durch die Wände. Als er Drechsler, der „vulgärsten Person der Welt“, dann aber wirklich gegenübersteht, um sich zu beschweren, stellt er sich nur höflich vor und kehrt „verzaubert“ in seine Wohnung zurück. Die beiden freunden sich an – dazu gesellt sich bald „die neue Nachbarin und brachte unser aller Leben durcheinander“: Die Verhaltensbiologin Regina, etwa gleich alt wie Kurt, zieht in den vierten Stock. Ein erstes Zusammentreffen mit Regina verläuft nicht gerade vorteilhaft, bringt sie ihm doch seine löchrigen Boxershorts vorbei: „Sind das deine?“ Wohl nicht ganz als Kompliment gemeint, sagt sie später: „Ich habe sofort gespürt, dass du Lehrer bist. Es gibt einen Habitus der Lehrer, kaum zu verwechseln.“ Und: „Sie hielt mich für ein Mitglied der geisteswissenschaftlichen Fraktion. Regina ordnete mich instinktiv nicht den Sportplätzen und Kraftkammern zu, sondern den Seminarräumen und Bibliotheken. Sie ordnete mich der Judith-Butler-Fraktion zu, um mich indirekt wissen zu lassen, dass sie längst wusste, dass ich schwul war.“

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