Russische Politiker stellen klar, dass Moskau die Kontrolle über das AKW Saporischschja nicht der Ukraine übertragen werde.
Moskau/Kiew/Berlin. „Nein und nochmals nein.“ Mit diesen Worten reagierte am Freitag der Vizechef des russischen Parlamentsoberhauses Föderationsrat, Konstantin Kossatschow, auf Forderungen, Russland solle die Kontrolle über das Atomkraftwerk Saporischschja der Ukraine übertragen. Das AKW wurde von russischen Truppen erobert. Das Areal rund um das Kraftwerk ist nach wie vor umkämpft. Immer wieder schlagen hier Granaten ein. Russland und die Ukraine beschuldigen einander, für den Beschuss verantwortlich zu sein.
Um die Sicherheit des Atomkraftwerks Saporischschja zu gewährleisten, sei die völlige Kontrolle über die Anlage erforderlich, sagte nun Kossatschow. „Die ukrainische Obrigkeit kann dies unter den Bedingungen der speziellen Militäroperation per Definition nicht leisten.“
Unterstützung bekam er vom Chef des Außenausschusses in der Staatsduma, Sergej Sluzki: „Alle Erklärungen der G7-Außenminister zu ihrer Unterstützung sind nichts anderes als das Sponsoring von atomarem Terrorismus“, schrieb er auf Telegram. Die Außenminister der G7-Staaten (USA, Großbritannien, Frankreich, Deutschland, Italien, Kanada und Japan) hatten von Russland verlangt, die Kontrolle über das Kernkraftwerk an die Ukraine abzugeben.
„Gefährliche Provokationen“
Vertreter der Ukraine warfen ihrerseits Moskau vor, mit dem Verhalten in Saporischschja eine Gefahr für ganz Europa darzustellen. „Russland hat auf gefährliche Provokationen zurückgegriffen und selbst den Beschuss des Kernkraftwerks inszeniert“, sagte der ukrainische Botschafter Serhij Kyslyzja bei einer Sitzung des UN-Sicherheitsrats in der Nacht auf Freitag. Die destruktive russische Position, ungerechtfertigte Bedingungen und der Beschuss hätten einen Kontrollbesuch von Experten der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA bisher verhindert. Gleichzeitig warnte Kyslyzja vor den möglichen Folgen eines atomaren Zwischenfalls. „Niemand von uns kann den Wind aufhalten, wenn dieser Radioaktivität verbreitet, doch wir können den Terrorstaat (Russland) gemeinsam aufhalten.“ Er forderte Russland auf, alle Soldaten vom AKW-Gelände abzuziehen.
Schröder verklagt den Bundestag
Wegen seiner Nähe zum russischen Staatschef Wladimir Putin ist der frühere deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder unter Druck geraten. Nun verklagt er den Bundestag auf Wiederherstellung seiner im Mai entzogenen Sonderrechte. Der 78-Jährige verlangt, dass ihm wieder ein Altkanzler-Büro mit Mitarbeitern zur Verfügung gestellt wird, wie sein Hannoveraner Rechtsanwalt Michael Nagel der Deutschen Presse-Agentur am Freitag mitteilte. Die Klage sei beim Berliner Verwaltungsgericht eingereicht worden, sagte Nagel.
Der Bundestagsausschuss hatte die Streichung der Mittel damit begründet, dass Schröder „keine fortwirkende Verpflichtung aus dem Amt als ehemaliger Bundeskanzler“ mehr wahrnehme. Damit entfalle „der Grund für die personelle und räumliche Ausstattung“, hieß es in dem Beschluss vom Mai. Dieser Beschluss sei rechtswidrig, erklärte nun die Anwaltskanzlei, die Schröder vertritt. Sie geht davon aus, dass der Altkanzler sein Büro wegen seines Engagements in Russland verloren habe. (APA/dpa/Reuters)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.08.2022)