Während andere Länder gegen Russland Sanktionen erlassen, vertieft die Türkei ihre wirtschaftlichen Beziehungen zu Putin. Vor den Wahlen ist Erdoğan jede Hilfe recht.
Istanbul. Recep Tayyip Erdoğan will von Sanktionen gegen Russland nichts wissen, im Gegenteil. „Unsere Tür steht allen offen“, meinte der türkische Präsident nach seinem jüngsten Treffen mit Kreml-Chef Wladimir Putin im russischen Sotschi. Dort sagte er Putin zu, einen Teil der russischen Energielieferungen an die Türkei künftig in Rubel zu bezahlen. Putin hat Investitionen versprochen, die Erdoğan wegen der Wirtschaftskrise in der Türkei vor den nächsten Präsidentschafts- und Parlamentswahlen im kommenden Juni dringend braucht. Westliche Regierungen befürchten, die Türkei könnte zum Blockadebrecher der Russland-Sanktionen werden.
Erdoğans Paradethema der vergangenen Wahlsiege – die türkische Wirtschaft – ist für ihn zu einem politischen Mühlstein geworden. Die Inflation liegt selbst nach staatlichen Angaben bei fast 80Prozent, das ist der höchste Stand seit 1998. Nach unabhängigen Berechnungen ist die Geldentwertung mehr als doppelt so hoch. Schul- und Universitätsabgänger finden keine Jobs, selbst Stammwähler von Erdoğans Regierungspartei AKP murren. Zum ersten Mal seit seiner Machtübernahme vor 20 Jahren steht Erdoğan einer geeinten Opposition gegenüber.