Taliban-Regime

Hunger könnte in Afghanistan mehr Menschen töten als 20 Jahre Krieg

Eine Station gegen Mangelernährung von Ärzte ohne Grenzen in Lashkar Gah, in der Provinz Helmand.
Eine Station gegen Mangelernährung von Ärzte ohne Grenzen in Lashkar Gah, in der Provinz Helmand.APA/AFP/LILLIAN SUWANRUMPHA
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Hilfsorganisationen warnen vor einer humanitären Katastrophe. Fast die Hälfte der Bevölkerung lebt von weniger als einer Mahlzeit am Tag.

Nach einem Jahr Taliban-Regime herrscht in Afghanistan eine Hungerkrise. Das meldete die Hilfsorganisation International Rescue Commitee (IRC) am Montag und warnte: Die derzeitige Krise könnte mehr Menschen in Afghanistan das Leben kosten als die vergangenen 20 Jahre Krieg. "43 Prozent der afghanischen Bevölkerung lebt von weniger als einer Mahlzeit am Tag", so IRC. Besonders betroffen sind nach Angaben von IRC von Frauen geführte Haushalte.

Auch das Rote Kreuz drängt auf Hilfe für das Land. Hilfsorganisationen allein könnten die öffentlichen Institutionen eines Landes mit 40 Millionen Einwohnern nicht ersetzen, meinte IKRK-Generaldirektor Robert Mardini. Geldgeber, die sich nach dem Machtwechsel aus Afghanistan zurückgezogen haben, sollten demnach ihre Hilfe fortsetzen. Viele Afghanen befänden sich schon jetzt in einer unerträglichen Lage, was Risiken für die Stabilität des Landes berge. "Armut ist nach unserer Erfahrung ein Rezept für Spannungen", so Mardini weiter.

20 Jahre nach Einmarsch der westlichen Truppen in Afghanistan übernahmen die militant-islamistischen Taliban im August 2021 wieder die Macht in dem Land. Als eine der Hauptgründe für den rasanten Kollaps der afghanischen Regierung gilt unter Experten neben Kriegsverbrechen an der Zivilbevölkerung auch Korruption bei der afghanischen Armee und der vom Westen gestützten politischen Elite.

Wirtschaftlicher Zusammenbruch

Der Preis ist für die Menschen in Afghanistan hoch, wie IRC verdeutlicht: "Die Kürzung der Gelder für Entwicklungszusammenarbeit in Verbindung mit der Einfrierung von Vermögenswerten und dem Zusammenbruch des Bankensektors haben zu einem wirtschaftlichen Zusammenbruch geführt." Hohe Verluste habe die afghanische Wirtschaft auch dadurch erlitten, dass die Taliban afghanischen Frauen viele Berufe verschlossen haben.

Auch das zivile Engagement leidet nach Angaben von IRC derzeit stark. 77 Prozent der von Frauen geführten zivilgesellschaftlichen Organisationen hätten in den vergangenen zwölf Monaten ihre Finanzierung verloren und dadurch ihre Aktivität einstellen müssen. Insbesondere von Frauen geführte zivilgesellschaftliche Organisationen sollten Zugang zu Fördermitteln erhalten, fordert IRC.

(APA/dpa)

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