Wiener Ansichten

Liesing: Ein Papierkorb, wie's sonst keinen gibt in Wien

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Was eine Haltestelle der Linie 60 über Wiens Stadtverwalterei erzählt. Ein Besuch über der Breitenfurter Straße.

Das Besondere zu haben, das, was sonst keiner hat, danach sehnen sich nicht nur die Marketingabteilungen der Wirtschaftswelt. Was man dort Alleinstellungsmerkmal nennt, beseelt das Streben so vieler jenseits alles Ökonomischen. Nichts, was unsere Sehnsucht nach Individualität besser stillen könnte, denn anders als alle anderen zu sein.

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Wie sehr oder wie wenig sich auch jener, von dem hier die Rede ist, nach Ähnlichem gesehnt haben mag, ist schwierig zu bestimmen. Wer wüsste schon das Seelenleben eines Papierkorbs korrekt zu dechiffrieren? Denn genau um einen Papierkorb geht's, das heißt, genau genommen sind es zwei, grau und unscheinbar an der Haltestelle Breitenfurter Straße der Straßenbahnlinie 60 angebracht, in ihrem Äußeren Tausenden anderen ähnlich, die ihr Papierkorbleben lang in Wiens Straßen, Gassen und auf Plätzen hängen, und doch, eben, ganz anders, als die jemals sein könnten.
Und das kommt so: Papierkörbe des öffentlichen Raums fallen samt ihrer Servicierung weit mehrheitlich in die Kompetenz der Magistratsabteilung 48, zuständig für Abfallwirtschaft und Straßenreinigung. Weil allerdings das Stadtverwalten viel zu einfach wäre, gäb's für Papierkörbe nur eine Zuständigkeit, gibt's dafür deren mehrere: So besorgen Stadtgärtnerei (MA 42), Wiener Gewässer (MA 45) oder die Gemeindebauverwalter von Wiener Wohnen ihre je eigene Papierkörberei auf ihren je eigenen Territorien selbst.

So weit, so Wien. Jene beiden Papierkörbe an der Breitenfurter Straße freilich, die gehören, erzählt man sich an kundiger Stelle, keinem der Genannten an: Als einzige in der ganzen Stadt ressortieren sie, weil auf Grund der Wiener Linien, auch in deren Kompetenz.

So leicht ist's manchmal, in Wien etwas ganz Besonderes zu sein, selbst wenn man nur ein Papierkorb ist.

E-Mails an: wolfgang.freitag@diepresse.com

Gregor Käfer

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