Immer mehr EU-Länder wollen keine Touristen-Visa mehr an Russen vergeben. Rechtlich ist die Sache nicht so einfach, warnt Brüssel.
Wenn die EU-Außenminister am 30. August im Prager Kongresszentrum nach der Sommerpause aufeinandertreffen, erwartet sie eine hitzige Debatte: Sollen Russen von der EU weiterhin Touristenvisa erhalten oder nicht? Diese Frage spaltet derzeit die Union, und die Diskussion nimmt täglich an Fahrt auf. Neben Helsinki, Kopenhagen, Prag und Warschau fordern auch die baltischen Regierungen in Tallinn, Riga und Vilnius einen sofortigen Vergabestopp – und damit das Ende regulärer Reisen russischer Staatsbürger in die EU. „Ich finde es nicht richtig, dass Russen als Touristen in den Schengen-Raum einreisen und Sightseeing machen können, während Russland Menschen in der Ukraine tötet“, sagte die finnische Ministerpräsidentin Sanna Marin Anfang dieser Woche.
Russische Urlauber können derzeit auf direktem Weg über die Nachbarländer – also über Finnland, Estland oder Lettland – nur über den Landweg in die EU gelangen, da der Flugverkehr nach Beginn des Angriffskriegs auf die Ukraine eingestellt wurde. Wie Tschechien haben die baltischen Länder die Visavergabe bereits stark eingeschränkt, Finnland will im kommenden Monat folgen. Andere Mitgliedstaaten – Dänemark zählt dazu – warten auf eine EU-weite Lösung. Aus gutem Grund, denn der nationale Vergabestopp macht im 26 Staaten umfassenden Schengen-Raum (neben 22 EU-Ländern zählen Island, Liechtenstein, Norwegen und die Schweiz dazu) wenig Sinn: Das Visum eines Landes berechtigt zur Einreise in jedes weitere. Allein deshalb dürfte der Druck, zeitnah eine EU-weite Lösung herbeizuführen, in den kommenden Wochen ansteigen.