(Ver-)Kauf per Leibrente

Wohnrecht und Co.: Tausche Südflügel gegen Segelyacht

Eine Villa per Leibrente zu bewohnen und zu erwerben, ist auch in Österreich zunehmend gefragt.
Eine Villa per Leibrente zu bewohnen und zu erwerben, ist auch in Österreich zunehmend gefragt. Getty Images/iStockphoto
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Auch im Luxussegment wächst der Bedarf an diesen Modellen.

Mit dem Begriff Leibrente und ähnlichen Verkaufsformen assoziiert man häufig Geschäftsmodelle, bei denen Menschen mit überschaubarem Budget jenen mit überschaubarer Pension Immobilien abkauften, in denen diese dann wahlweise bis zum Lebensende wohnen konnten oder eine monatliche Zahlung erhielten. Seit einiger Zeit tauchen derartige Modelle auch im Premium-Segment auf.

Zukünftiges Potenzial

Und Karin Bosch, bei sReal für den Bereich Exklusiv-Immobilien verantwortlich, sagt diesem Segment eine große Zukunft voraus: „Das Thema an sich gibt es schon lange, nur boomt es jetzt aus den unterschiedlichsten Gründen. Ich bin davon überzeugt, dass es allein aufgrund der demografischen Entwicklung ein immer größeres Thema werden wird.“ Wie groß der Bedarf ist, weiß man bei Engel & Völkers LiquidHome Deutschland, das sogenannte Immobilienteilverkäufe abwickelt. In etwas über zwei Jahren hat das eigenständige Unternehmen knapp 800 Ankäufe mit einem Volumen von über 200 Millionen Euro realisiert und will bis Ende des Jahres auch in Österreich präsent sein. „Wir erreichen damit die Kernzielgruppe 55plus, für die ein Teilverkauf dann Sinn macht, wenn eine klassische hypothekarische Finanzierung nicht mehr gewünscht ist“, berichtet Managing Director Christian Kuppig. „Das sind durchaus reiche Menschen, die Immobilieneigentum haben, aber nicht die nötige Liquidität.“ Etwa, weil die Rente geringer ausfällt als gedacht, oder der Traum vom Segelboot oder Wohnmobil erfüllt werden soll.
Bei diesem Modell verkauft der Eigentümer bis zu 50 Prozent seiner Immobilie an LiquidHome, bekommt ein im Grundbuch eingetragenes, insolvenzfestes Nießbrauchrecht und zahlt für die weitere Nutzung jährlich 4,5 Prozent als „Miete“. Dieser Satz ist an den aktuellen Zinssatz gebunden, „und kann analog sowohl rauf als auch runtergehen“, sagt Kuppig. Dafür müssen die Verkäufer keinen Abschlag hinnehmen, sondern erhalten den per Gutachten ermittelten aktuellen Marktwert für den Anteil, der höchstens 50 Prozent betragen und mindestens 100.00 Euro wert sein muss. Dieser kann sowohl von den Verkäufern als auch den Erben zurückgekauft werden; sollte das ganze Haus verkauft werden, sichert sich E&V das Recht zu, die Immobilie zu vermarkten.
sReal arbeitet mit einem Modell, bei dem die komplette Immobilie mit einem Abschlag verkauft wird, die dem Verkäufer ein lebenslanges eingetragenes Wohnrecht im Grundbuch sichert. Ein Angebot, dessen Beliebtheit sich bei Investoren aufgrund des knappen Angebots, bei Abgebern aus unterschiedlichen Gründen wachsender Beliebtheit erfreut.

„Alles geregelt wissen“

„Gründe können etwa finanzielle Aspekte sein oder der Wunsch, dass alles geregelt ist, die Kinder nicht streiten werden und der überlebende Ehepartner sich nicht kümmern muss“, weiß die Maklerin. Wichtig sei in allen Fällen, sämtliche Eventualitäten vertraglich genauestens festzulegen – etwa die Frage, was passiert, wenn sich der Verkäufer mit dem lebenslangen Wohnrecht entscheide, nach drei Jahren in eine Seniorenresidenz zu ziehen.
Denn die Krux liegt wie so oft im Detail, wie auch Markus Bulgarini, Geschäftsführender Gesellschafter von Höhne, In der Maur & Partner Rechtsanwälte, betont. So sei es etwa ein Unterschied, ob lediglich ein Wohnungsgebrauchsrecht oder ein Fruchtgenuss vereinbart werde. „Denn beim Wohnungsgebrauchsrecht darf man lediglich in der Wohnung oder dem Haus wohnen; beim Fruchtgenuss darf ich diese auch vermieten“, erklärt er. Was auch wiederum Auswirkungen auf die Frage haben könne, wer für allfällige Instandhaltunsgskosten aufkommen muss. Darüber hinaus gibt der Spezialist für Immobilienrecht auch eine ganz menschliche Komponente zu bedenken: „Abgesehen von allem Faktischen würde ich mich im hohen Alter nicht mehr streiten wollen, wenn jemand seinen vertraglichen Verpflichtungen nicht nachkommt.“ (SMA)

VERKAUFSMODELLE

Bei der Leibrente wird eine Immobilie gegen monatliche Zahlungen bis ans Lebensende vereinbart.
Beim Fruchtgenuss besteht je nach Gestaltung ein lebenslanges Wohn- oder Nutzungsrecht an der Liegenschaft.

Das neue „Liquid Home“-Modell kauft den Besitzern einen Teil der Immobilie ab und erhebt dafür eine Nutzungsgebühr ähnlich einer Miete.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.08.2022)

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