Betriebliche Gesundheitsförderung

Bewusstsein für die Vielfalt arbeitender Menschen

Die FH Burgenland untersuchte, wie man die Arbeitsfähigkeit und Gesundheit von über 45-Jährigen steigern kann. Altersgerechtes und generationenübergreifendes Arbeiten sind enorm wichtig.

Der 20-Jährige, der den Job wechseln möchte, weil er sich flexiblere Arbeitszeiten wünscht, als seine Firma ihm bietet; die 40-Jährige, die bei der Büroarbeit gegen erste Rückenschmerzen ankämpft; der 50-Jährige, der noch mindestens eineinhalb Jahrzehnte fit bleiben sollte und manchen Babyboomer um den bald bevorstehenden Ruhestand beneidet. Die Probleme und Prioritäten arbeitender Menschen driften in heutigen Belegschaften oft weit auseinander.

„Aus meiner Sicht ist zentral, dass in den Unternehmen Bewusstsein für die Vielfalt von Menschen in unterschiedlichem Alter und deren individuelle Werte, Lebensphasen, Ressourcen und Potenziale geschaffen wird“, sagt die Gesundheitsmanagement-Expertin Katharina Hauer. „Wird das im täglichen Tun berücksichtigt, kann eine alters- und alternsgerechte Arbeitswelt für alle im Unternehmen beschäftigten Personen entstehen.“

Hauer leitete für drei Jahre das Projekt „Fit for Generations“ der Forschung Burgenland, einer Tochtergesellschaft der Fachhochschule Burgenland. Sie begleitete mit einem Team des Departments Gesundheit der FH sieben burgenländische Pilotbetriebe: Energiedienstleister, eine gemeinnützige Wohnbaugesellschaft, eine pädagogische Hochschule, ein Gesundheitsresort, eine Softwareentwicklungsfirma und einen Textilhersteller bei der Umsetzung gesundheitsfördernder Maßnahmen.

Virtuell gemeinsam wandern

Die erste Projektphase war eine Fragebogenerhebung zu Themen wie Alter, Werte, berufliche Sinnerfüllung, psychosoziale Gesundheit und Stellenwert von Gesundheit (auch auf Ebene der Organisation). Die Auswertung lieferte sogleich Handlungsempfehlungen. In anschließenden Workshops wurden konkrete Maßnahmen ausgearbeitet. Eine Reihe davon sind bereits umgesetzt, darunter Onlineschulungen für Führungskräfte, Workshops zur gesundheitsfördernden Arbeitsgestaltung für die Beschäftigten und die Schulung von Multiplikatoren. „Insbesondere die Walk4Fun-Challenge (eine bewegungs- und kontaktfördernde virtuelle Wanderung in Kleingruppen, Anm.) und die HRV-Messungen wurden sehr gut angenommen“, so Hauer. Messungen der HRV (Herzratenvariabilität) zeigten den Beschäftigten, wie gut sich der Organismus an psychische Herausforderungen anpassen kann.

In der Abschlussphase des Projekts wurde die Fragebogenerhebung wiederholt. Die Pilotbetriebe erhielten eine vergleichende Auswertung beider Erhebungen mit Handlungsempfehlungen für die Zukunft. Der Vergleich zwischen erster und zweiter Befragung habe gezeigt, dass sich durch die Maßnahmen insbesondere der Stellenwert von Gesundheit auf organisationaler Ebene verändert habe, sagt Hauer. „Es gaben mehr Personen an, dass gesundheitliche Aspekte am Arbeitsplatz einen hohen Stellenwert im Unternehmen haben und ein hohes Bewusstsein für Gesundheitsaktivitäten besteht.“ Solche Antworten hätten interessanterweise auch Personen gegeben, die an keinen oder an wenigen Maßnahmen teilgenommen hätten, so Hauer. Dies lasse darauf schließen, dass in den Unternehmen das Thema Gesundheit im Zuge des Projekts anders oder verstärkt kommuniziert und gelebt worden sei.

Maßnahmen gut angenommen

Schwerpunktziel des Projekts war, die Arbeitsfähigkeit und Gesundheit von Mitarbeitenden und Führungskräften im Alter von 45 und mehr zu erhalten und zu steigern. Es sei positiv, dass die Maßnahmen vorrangig bei diesen Generationen auf gute Akzeptanz gestoßen seien, so Hauer. Allerdings ziele eine alter(n)sgerechte Arbeitswelt auch auf die Jüngeren und auf eine generationenübergreifende Zusammenarbeit ab. „Daher wäre es wünschenswert gewesen, mehr Personen auch von dieser Gruppe zu erreichen.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.08.2022)

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