Niederösterreich

Sozialarbeiterin im Waldhäusl-Prozess: Drasenhofen "nicht supersauber"

Flüchtlingsquartier Drasenhofen
Flüchtlingsquartier Drasenhofen APA/HELMUT FOHRINGER
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Dem FPÖ-Landesrat Gottfried Waldhäusl und einer früheren Landesbediensteten wird Amtsmissbrauch vorgeworfen.

In St. Pölten ist am Dienstag der Prozess wegen Amtsmissbrauchs gegen den niederösterreichischen FPÖ-Landesrat Gottfried Waldhäusl und eine frühere Landesbedienstete fortgesetzt worden. Auf dem Programm standen am achten Verhandlungstag weitere Zeugenbefragungen. Die Vorwürfe stehen in Zusammenhang mit der Verlegung von Minderjährigen in das mit Stacheldraht umzäunte Flüchtlingsquartier Drasenhofen (Bezirk Mistelbach) 2018.

Auf ihren Besuch in Drasenhofen im damaligen November zurückgeblickt hat am Dienstag eine seinerzeit als Sozialarbeiterin bei der Bezirkshauptmannschaft Mistelbach tätige Frau. Die heute 35-Jährige war durch die Unterkunft geführt worden, mit den Jugendlichen hatte sie dabei nicht gesprochen. Festgestellt wurde eine latente, aber keine akute Kindeswohlgefährdung. "Die Grundbedürfnisse waren gesichert", betonte die Zeugin. Gefehlt habe u.a. ein Konzept für psychologische Betreuung. Angedacht wäre gewesen, einen Sportlehrer und eine Lebensberaterin zu engagieren.

In Hinblick auf die Hygiene sei das Quartier "nicht supersauber" gewesen, es habe aber auch keine größeren Beanstandungen gegeben. Der angebrachte Maschendrahtzaun sei durchaus aufgefallen, obwohl sie ihm keine große Aufmerksamkeit geschenkt habe, so die Zeugin. Es gebe jedenfalls keine vergleichbare Einrichtung, "die so aussieht".

"Die sind frei umhergegangen, die Burschen"

Eine 72-Jährige, die eine Tankstelle in Sehweite der Unterkunft in Drasenhofen betreibt, berichtete von täglichen Besuchen der Flüchtlinge im Shop. Nach ihrer Wahrnehmung seien die Jugendlichen nicht einsperrt gewesen. Security-Mitarbeiter und Hunde habe sie ebenfalls nicht gesehen, vielmehr habe sogar eine Aufsicht gefehlt: "Die sind frei umhergegangen, die Burschen."

Am von bürokratischen Details geprägten Beginn des Verhandlungstages wurden zwei Landesbedienstete als Zeugen befragt. Einvernommen wurde ein mittlerweile pensionierter 66-Jähriger, der Ende 2018 laut eigenen Angaben in der Innenrevision tätig war. Auf Geheiß eines Vorgesetzten sei zum Sammeln von Fakten elektronische Einsicht in Unterlagen genommen worden. Fachlich sei alles in Ordnung gewesen, wurde hervorgehoben. Generell sei aber aufs Tempo gedrückt worden: "Mein Empfinden war, dass von politischer Seite ein Wunsch geäußert wurde und dass der möglichst rasch umgesetzt werden sollte." In den Zeugenstand trat auch ein leitender Landesbeamter, dessen Befragung wenig ergiebig war.

Waldhäusl und die frühere Landesbedienstete sollen laut Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft zumindest 14 jugendliche Flüchtlinge durch die Verlegung in das Quartier Drasenhofen in ihrem Recht auf Grundversorgung und Unterbringung in einer geeigneten Unterkunft geschädigt haben. Damit sollen die Minderjährigen der Anklage zufolge einer "ihre Persönlichkeitsentwicklung destabilisierenden Maßnahme unterworfen" worden sein. Der ehemaligen Landesbediensteten wird auch Fälschung eines Beweismittels und Verleumdung vorgeworfen, weil sie im Ermittlungsverfahren eine E-Mail unvollständig vorgelegt und so den Verdacht auf ihren Vorgesetzten gelenkt haben soll. Die beiden Angeklagten haben sich nicht schuldig bekannt.

Die Schöffenverhandlung wurde mittags für eine Pause bis 13.00 Uhr unterbrochen. Für den Nachmittag waren Befragungen von zwei ehemals in Drasenhofen untergebrachten Personen geplant. Gestartet war der Prozess Anfang Februar. Ein weiterer Termin ist für den 23. September vorgesehen.

(APA)

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