Kohlekraftwerk

Opposition stoppt Reaktivierung von Mellach vorerst

APA/AFP/JOE KLAMAR
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ÖVP und Grüne hätten für den Verordnungsbeschluss eine der beiden großen Oppositionsparteien gebraucht, weil in diesem Fall eine Zweidrittelmehrheit notwendig ist. Energieministerin Leonore Gewessler übte scharfe Kritik an der SPÖ.

SPÖ, FPÖ und Neos haben der Erdgas-Lenkungsmaßnahmen-Verordnung und damit unter anderem der Reaktivierung des klimaschädlichen Kohlekraftwerks Mellach am Dienstagnachmittag im Hauptausschuss des Nationalrats nicht zugestimmt. ÖVP und Grüne hätten für den Verordnungsbeschluss eine der beiden großen Oppositionsparteien SPÖ oder FPÖ gebraucht, weil in diesem Fall eine Zweidrittelmehrheit notwendig ist.

In der von Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) eingebrachten Lenkungsmaßnahmen-Verordnung werden Energieversorger und große Industriebetriebe zur Umrüstung aufgefordert, um im Fall eines Gasmangels oder russischen Lieferstopps andere Brennstoffe wie Kohle, Öl oder Biomasse einzusetzen. Die Verordnung betrifft unter anderem das stillgelegte Kohlekraftwerk des Verbunds in Mellach in der Steiermark, aber auch Fernwärmekraftwerke, etwa jene der Wien Energie, die von Gas auf Öl umgestellt werden sollen. Ziel ist es, Gas zu sparen, falls Russland den Gashahn ganz zu dreht.

Gewessler kritisiert SPÖ

Scharfe Kritik an der SPÖ übte Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne). "Ich finde das Verhalten der SPÖ komplett unverantwortlich", sagte Gewessler am Dienstag im Ö1-"Mittagsjournal des ORF-Radio im Vorfeld der Hauptausschuss-Sitzung. Ein reaktiviertes Kohlekraftwerk Mellach könne im Notfall 260.000 Haushalte mit Strom und Wärme versorgen. "Ich mache die SPÖ verantwortlich, wenn Wohnungen von Familien und Kindern kalt bleiben." Laut Gewessler wurden Gespräche mit beiden Oppositionsparteien geführt. "Es hat aufgrund der Verhandlungen und Rückmeldungen der SPÖ eine Veränderung der Verordnung gegeben", so die Energieministerin. Auch die Klubobleute August Wöginger von der ÖVP und Sigi Maurer von den Grünen kritisierten das geplante Abstimmungsverhalten der SPÖ als "grob verantwortungslos".

Die SPÖ ist trotz des heutigen Vetos weiterhin verhandlungsbereit. "Wir sind jederzeit bereit zu diskutieren", sagte der stellvertretende SPÖ-Klubvorsitzende Jörg Leichtfried am Dienstagvormittag bei einer Pressekonferenz in Wien. Die Sozialdemokraten hatten vergangene Woche ihre Zustimmung an mehrere Bedingungen geknüpft, etwa dass zusätzliche Kosten, die durch die Umrüstung von Gas auf Kohle und Öl entstehen, nicht auf die Energiekunden überwälzt werden dürfen. Sollte es substanzielle Änderungen geben, könne man "nächste oder übernächste Woche die Verordnung beschließen", sagte Leichtfried. Für die SPÖ sei die Sicherstellung der Versorgungssicherheit zentral.

Kritik von FPÖ und Neos

"Konzerne, die Krisengewinner sind, brauchen keine Förderung aus Steuergeld: Übergewinne behalten und vom Steuergeld gefördert werden, geht sich nicht aus", so SPÖ-Energiesprecher Alois Schroll. Auch die Neos sehen die Verordnung kritisch. "Energieversorger wie EVN oder Verbund machen gerade so hohe Gewinne wie nie, sie brauchen aktuell sicher kein Steuergeld", so Neos-Energiesprecherin Karin Doppelbauer in einer Aussendung. Die Verordnung sei "komplett auf die Bedürfnisse der Energieversorger zugeschnitten".

Für die FPÖ war die heutige Sitzung des Hauptausschusses ein "Reality Check" für die Energie- und Sanktionspolitik der Regierung. "Diesen Test hat sie nicht bestanden", so FPÖ-Energiesprecher Axel Kassegger vor der Sitzung in einer Aussendung. "Darüber hinaus sind viele Fragen überhaupt nicht geklärt und ich glaube kaum, dass die Ministerin sie auch nur ansatzweise zufriedenstellend beantworten kann." Kassegger bezeichnete die Energiepolitik der türkis-grünen Regierung als "chaotisch und vollkommen verfehlt". Auch die Sanktionen gegen Russland seien ein "Knieschuss".

(APA)

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