Pizzicato

Mitteleuropas Absurdistan

Wer im ungarischen Staatsdienst steht, muss sich gewahr sein, permanent auf einem Schleudersitz Platz genommen zu haben.

In Washington musste ein Mitarbeiter der ungarischen Botschaft gehen, weil er angeblich ein TV-Interview mit Außenminister Péter Szijjártó (das ist der mit der Ehrgeizlerfrisur) schlecht vorbereitet hatte. In Wien erwischte es einen ungarischen Diplomaten, weil er gegenüber einem Medium ausgeplaudert hat, dass Premier Viktor Orbán samt Gefolge bei der jüngsten Österreich-Visite eine Nacht im Hotel Bristol verbracht hatte. In Budapest wurden diese Woche die Leiterin des ungarischen Wetteramtes und ihr Stellvertreter gefeuert, weil sie für den Abend des 20. August ein mögliches Gewitter vorausgesagt hatten, das dann aber ausgeblieben ist. Ein Feuerwerk zum Nationalfeiertag war wegen der falschen Wetterprognose abgesagt worden.

Welche ungarische Beamtin, welcher Beamte wird wohl als nächste bzw. nächster den Hut nehmen müssen? Wer der Öffentlichkeit verrät, dass Szegediner Krautfleisch gar nicht zu Orbáns Lieblingsspeisen gehört? Wer das Geheimnis kundtut, dass Szijjártó immer zum selben Frisör geht? Bravo, Viktor Orbán! Nach mittlerweile 16 Jahren an der Macht hat er es tatsächlich geschafft, aus dem schönen Magyarenland das Absurdistan Mitteleuropas zu machen.

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("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.08.2022)

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