Der kroatische Ex-Premier Ivo Sanader sitzt in Salzburg in Auslieferungshaft. Die kroatische Korruptions-Staatsanwaltschaft ist noch "weit entfernt" von einer Anklage.
Die kroatische Justiz geht mit unvermindertem Elan gegen den in österreichischer Auslieferungshaft sitzenden früheren Ministerpräsidenten Ivo Sanader vor. Wie der Chef der kroatischen Korruptionsstaatsanwaltschaft USKOK, Dinko Cvitan, am Sonntagabend bestätigte, wurde das Vermögen des Ex-Premiers eingefroren. Berichte, wonach bereits Anklage erhoben worden sei, dementierte er aber.
Sanader hatte erst vor kurzem seine Vermögensverhältnisse offen gelegt, was für alle kroatischen Abgeordneten Pflicht ist. Kroatische Medien kritisierten, dass Sanader seine teuren Uhren und Kunstgegenstände nicht angeführt hatte. Sanader besitzt zwei Wohnungen, je eine in seiner Heimatstadt Split und Zagreb. Man habe die Vermögenswerte geerbt, gaben Sanader und seine Frau an. Der Ex-Premier wird verdächtigt, über Tarnfirmen staatliches Geld in Millionenhöhe beiseitegeschafft zu haben.
"Weit entfernt" von Anklage
Cvitan sagte, dass man noch "weit entfernt" von einer Anklage gegen Sanader sei. Daher sei es auch verfrüht, über das Strafausmaß zu sprechen. Die Zagreber Zeitung "Jutarnji list" hatte am Sonntag berichtet, dass USKOK die Höchststrafe von 15 Jahren fordere. Laut Cvitan müssen aber noch mehr als 100 Zeugen befragt werden. Sanader werden Amtsmissbrauch und Bildung einer kriminellen Vereinigung vorgeworfen. Die Höchststrafen betragen zehn bzw. fünf Jahre Haft.
Sanader wurde am Freitag aufgrund eines internationalen Haftbefehls in Salzburg verhaftet. Er hatte sein Land verlassen, kurz bevor das Zagreber Parlament seine Immunität aufhob. Der Ex-Premier bestreitet, dass er flüchten wollte und sprach von einer länger geplanten Dienstreise. Seinem Anwalt zufolge befürwortet er eine rasche Auslieferung an sein Heimatland. Bei ersten Einvernahmen durch einen Haftrichter am Wochenende wurde er seinem Anwalt zufolge "mit Pauschalvorwürfen konfrontiert, die er alle zurückgewiesen hat". Die für die Auslieferung Sanaders notwendige Dokumentation wollte das kroatische Justizministerium den österreichischen Behörden am heutigen Montag zustellen. Für Donnerstag hat die Staatsanwaltschaft Salzburg eine Pressekonferenz angekündigt.
Kroatischen Medienberichten zufolge soll Sanader nach Österreich gereist sein, um brisante Dokumente in Sicherheit zu bringen. In Innsbruck hatte er mehrere Jahre lang studiert und gelebt. Erst kürzlich gründete er dort ein Consulting-Unternehmen, sein Bruder Miroslav ist nach Informationen der "Tiroler Tageszeitung" Religionslehrer an einem Innsbrucker Gymnasium.
"Keine besonderen Wünsche" im Gefängnis
Der prominente Häftling erhält in der Salzburger Justizanstalt keine Sonderbehandlung, wie Anstaltsleiter Dietmar Knebel am Montag erklärte. Sanader hat in seiner Zelle einen Fernseher und ein Radio zur Verfügung. In dem eher kleinen, typischen Zwei-Mann-Haftraum stehen zwei Einzelbetten. "Sanader verhält sich unproblematisch und stellt keine besonderen Wünsche", betonte Knebel.
Die Justizanstalt habe darauf geachtet, dass der Mitinsasse zur Person des Ex-Premier passe, sagte Knebel. Dem Vernehmen nach soll es sich dabei um den Salzburger Wirtschaftsanwalt Friedrich L. (59) handeln, der wegen Veruntreuung von 2,8 Millionen Euro an Klientengeldern zu vier Jahren Haft nicht rechtskräftig verurteilt worden war. Dem Anwalt Sanaders zufolge könne sich der Kroate mit dem Salzburger "geistig gut austauschen".
(Ag.)