Ukraine

AKW Saporischschja "komplett" vom Stromnetz genommen

Ein Bild aus der Anlage des Atomkraftwerks in Saporischschja vom Dienstag.
Ein Bild aus der Anlage des Atomkraftwerks in Saporischschja vom Dienstag.IMAGO/SNA
  • Drucken

Die Betreiberfirma meldet Brandschäden an Stromleitungen als Grund für die Maßnahme, die „das erste Mal in der Geschichte der Anlage“ ergriffen werde.

Das von Russland besetzte ukrainische Atomkraftwerk Saporischschja ist nach Angaben des Betreibers wegen Brandschäden an Stromleitungen komplett vom Netz genommen worden. In den Aschegruben eines nahe gelegenen Kohlekraftwerks seien Feuer ausgebrochen, teilte Energoatom am Donnerstag mit. Diese hätten die Stromleitungen zum AKW beschädigt. "Daher wurden die beiden funktionierenden Reaktorblöcke der Anlage vom Netz getrennt."

Die Sicherheitssysteme des Kraftwerkes funktionierten normal und es werde daran gearbeitet, einen der Reaktorblöcke wieder ans Netz anzuschließen. Aus Energiekreisen verlautete, die beiden abgetrennten Blöcke würden gegenwärtig von Dieselgeneratoren gespeist. Jeder Block bestehe aus dem eigentlichen Reaktor, einem Kühlsystem und weiteren Komponenten mit drei Dieselgeneratoren aus der Sowjetzeit. Diese könnten jedoch "nicht wochenlang betrieben werden", sagte der Insider der Nachrichtenagentur Reuters.

Für Österreich bestehe keine Gefahr, teilte das Klimaschutzministerium am Donnerstag in einer Aussendung mit. Es gebe aktuell keinen Hinweis auf erhöhte Strahlung im Bereich des AKW Saporischschja.

USA warnen Russland

Unterdessen warnten die USA Moskau vor einer Umleitung des Stroms. "Um es ganz klar zu sagen: das Atomkraftwerk und der Strom, den es produziert, gehören der Ukraine", sagte der stellvertretende Sprecher des US-Außenministeriums, Vedant Patel, am Donnerstag. Jeder Versuch, das Werk von der ukrainischen Stromversorgung zu trennen und in russisch besetzte Gebiete umzuleiten sei "inakzeptabel".

Russische Soldaten hatten das AKW Anfang März eingenommen. Es wird unter ihrer Aufsicht weiter vom ukrainischen Personal betrieben. Zuletzt sind auf dem Gelände Geschosse niedergegangen. Die Ukraine und Russland geben sich dafür gegenseitig die Schuld.

Wer trägt die Verantwortung?

Experten zufolge ist unklar, wer im Falle einer Atomkatastrophe mit der Bewältigung betraut werden würde. "Wir wissen nicht, was in einer Kriegssituation passiert, wenn wir einen atomaren Notfall haben", sagte Kate Brown von der US-Universität MIT. Bei der Atomkatastrophe von Tschernobyl 1986 habe die Sowjetunion Zehntausende Menschen, Ausrüstung und Einsatzfahrzeug an den Ort des Geschehens bringen können. "Wer würde jetzt die Verantwortung für diesen Einsatz übernehmen?"

Saporischschja wurde ab 1980 gebaut, der letzte der insgesamt sechs Reaktorblöcke ging 1995 ans Netz. Die Reaktoren werden mit Uran betrieben und mit Wasser gekühlt. Experten zufolge bestünde die größte Gefahr bei einer Unterbrechung der Wasserversorgung. Sollte diese ausfallen und Hilfssysteme wie Dieselgeneratoren nicht in der Lage sein, die Reaktoren abzukühlen, drohe eine Überhitzung. Unterlagen zufolge befinden sich zudem außerhalb der Reaktoren 2.200 Tonnen Atommaterial wie radioaktive Abfälle auf dem Gelände.

(APA/AFP/Reuters/dpa)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Archivbild vom 1. September, das Team der IAEA macht sich ein Bild von der Lage im AKW Saporischschja.
Ukraine

IAEA äußert Sorge vor drohendem Gau im AKW Saporischschja

Die Internationale Atomenergiebehörde hält eine Sicherheitszone rund um das Kernkraftwerk für notwendig und formuliert sieben Empfehlungen.
IAEA-Direktor Grossi und das Inspektionsteam auf einem Foto, das vermutlich auf dem Flughafen Wien entstanden ist.
Ukraine

IAEA will "Sicherheit der größten europäischen Nuklearanlage gewährleisten"

Die Delegation der Internationalen Atomenergie-Organisation soll noch in dieser Woche in Saporischschja ankommen. Besonders besorgt sind Experten in und außerhalb der IAEA über die Stromversorgung des AKW.
IAEA-Chef Rafael Grossi (vorne, Mitte) mit dem 13-köpfigen Team, das die Mission am AKW Saporischschja durchführen soll. Das Logo der UN-Nuklearagentur ziert ihre Kleidung.
Heikle Mission

Wie gefährlich ist das AKW Saporischschja?

Ein Atomkraftwerk inmitten des Kriegsgebietes schürt die Angst vor einer nuklearen Katastrophe. Ein unabhängiges Expertenteam der IAEA soll sich nun ein Bild von der Lage machen.
AKW

Keine erhöhte Strahlung in Saporischschja

Die Sorge um AKW in der Ukraine wächst weiterhin.
Diese Aufnahme vom 13. August 2022 aus Wyschtschetarassiwka zeigt das Kernkraftwerk Saporischschja auf der anderen Seite des Flusses Dnipro.
Ukraine

Ein AKW ist Russlands bester Schutzschild

Kiew vermutet, dass Russland im Gelände des Kraftwerks Saporischschja Waffen sicher lagern will. Die Kleinstadt Enerhodar liegt für Moskau strategisch wichtig.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.