Geldpolitik

Die Falken übernehmen bei der EZB das Ruder

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Die Europäische Zentralbank war bisher zögerlich mit Zinserhöhungen. Nun mehren sich die Anzeichen, dass die nächste Anhebung stark ausfallen könnte.

Mit seiner Ankündigung, die Zinsen weiter anheben zu wollen, um die Inflation zu bekämpfen, auch wenn das „Schmerzen“ für Unternehmen und Haushalte bedeuten würde, hat US-Notenbankchef Jerome Powell am Freitag die Märkte ins Wanken gebracht. Dabei liegt in den USA der Leitzins schon in der Spanne zwischen 2,25 und 2,5 Prozent. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat sich erst im Juli über ihre erste Leitzinsanhebung seit Jahren auf 0,5 Prozent getraut.
Doch nun mehren sich die Anzeichen, dass auch in Europa die Falken (die sich für eine straffere Geldpolitik aussprechen) den Tauben (die für eine lockere Politik plädieren) das Szepter aus der Hand nehmen. Um die Inflation unter Kontrolle zu bringen, müsse die EZB energisch handeln und die Zinsen nächsten Monat um mindestens einen halben Prozentpunkt anheben. Diese Einschätzung gab Ratsmitglied Mārtiņš Kazāks im Bloomberg-Interview in Jackson Hole ab. Das Tempo der geldpolitischen Unterstützung müsse jedoch geordnet zurückgenommen werden, betonte der lettische Zentralbankchef.

Plus 0,75 Prozentpunkte?

Die Inflationserwartungen seien zwar „immer noch mehr oder weniger dort, wo sie sein sollten“, sagte Kazāks. Gleichzeitig würden die Zweitrundeneffekte (auf Preiserhöhungen folgen starke Lohnrunden) jedoch „transparenter und offensichtlicher“. Deshalb sei eine „sehr starke, entschlossene und klare“ Reaktion vonnöten.
Kazāks zufolge wäre ein Zinsschritt um „mindestens 50 Basispunkte“ im nächsten Monat angemessen. Ausschlaggebend seien die am Mittwoch anstehenden Inflationsdaten für August und die neuen EZB-Projektionen. „Die Erhöhung muss stark und signifikant sein, und zum jetzigen Zeitpunkt würde ich sagen, 50 oder 75 Basispunkte“, sagte er.
Die EZB-Ratsmitglieder Robert Holzmann (Österreich) und Klaas Knot (Niederlande) haben sich dafür ausgesprochen, einen Zinsschritt um 75 Basispunkte zumindest in Betracht zu ziehen. Andere betonten indessen, dass eine Rezession wahrscheinlicher werde. Dies dürfte dabei helfen, den Preisdruck zu verringern.
Der finnische Notenbankchef Olli Rehn sprach sich gegenüber Bloomberg für einen „deutlichen“ Zinsschritt am 8. September aus. Für die EZB sei es Zeit zu handeln. EZB-Direktorin Isabel Schnabel und Frankreichs Notenbankchef Francois Villeroy de Galhau forderten eine entschlossene Reaktion auf die Rekordinflation in der Eurozone, die mehr als das Vierfache des Zwei-Prozent-Ziels beträgt. Kazāks meinte: „Ich würde die Inflationserwartungen, die Gesamtinflation, aber vor allem die Kerninflation sehr genau beobachten“, sagte Kazāks. Dazu gehöre auch das Bewusstsein, dass „wir nicht überstürzt“ einen Rückzieher machen sollten, „wenn die Kerninflation in einem Quartal, einem Monat sinkt“.

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