Grätzelbelebung

Tag der Wohnstraße

Kinder sind erfahrungsgemäß die ersten, die der Einladung vom Gehsteig hinunter auf die Wohnstraße nachkommen.  Objekte auf der Wohnstraße müssen im Handumdrehen auf die Seite geräumt werden können, damit Fahrzeuge zu-/abfahren oder Einsatzfahrzeuge durchfahren können.
Kinder sind erfahrungsgemäß die ersten, die der Einladung vom Gehsteig hinunter auf die Wohnstraße nachkommen. Objekte auf der Wohnstraße müssen im Handumdrehen auf die Seite geräumt werden können, damit Fahrzeuge zu-/abfahren oder Einsatzfahrzeuge durchfahren können.Alissar Najjar
  • Drucken

Auf mehr als 15 Wohnstraßen in Wien und Graz wird am 16. September gefeiert.

Auf 15 Wohnstraßen in Wien sowie auf einer in Graz wird heuer am fünften „Tag der Wohnstraße“ am Freitag, 16. September 2022, von 7:30 bis 20 Uhr gefeiert. „Als wir vor fünf Jahren den ‚Tag der Wohnstraße‘ ausgerufen haben, war es ein großes Experiment“, erzählt Brigitte Vettori, Initiatorin von space and place*. „Wir haben seither vieles auf der Wohnstraße ausprobiert, uns mit anderen vernetzt und ausgetauscht. Wir konnten zeigen, dass man diesen öffentlichen Raum im Rahmen der Straßenverkehrsordnung vielfältig und spontan nutzen kann."

Es geht den beteiligten Anrainern und Initiativen dabei besonders darum, ihr Grätzel wohnlicher, freundlicher, einladender zu erleben und eine Möglichkeit zu bieten, mit Nachbarn ins Gespräch zu kommen. Wohnstraßen sollen als das gesehen und genutzt werden, was sie laut Straßenverkehrsordnung sind, nämlich Straßen vornehmlich für nicht-motorisierte Verkehrsteilnehmer.

„Wir freuen uns, wenn sich viele Passanten zu uns gesellen, wenn Anrainer spontan aus ihren Wohnungen kommen und mitmachen und wenn Wohnstraßen-Hopper das Treiben auf unterschiedlichen Wohnstraßen auskosten. Es wird auch spannend, die geltenden Regeln zu kommunizieren und mit Anwohnern und interessierten Autofahrern neue Nutzungsarten zu diskutieren“, sagt Vettori.

Wohnstraße als Wunschstraße – von 179 auf mehr als 220

2018, als die Stadtarbeiter von space and place Wohnstraßen in den Fokus ihrer Arbeit rückten, zählte Wien 179 davon. Heute sind es mehr als 220, wobei gerade 2021/22 einige Straßen umgewidmet wurden, weitere sind in Diskussion bzw. bei Bezirken eingereicht.

„Wir sehen das auch als unseren Verdienst. Denn Wohnstraßen sind im Dornröschenschlaf gelegen und kaum jemand wusste oder beachtete im Alltag, wofür die blauen Schilder stehen“, sagt Vettori. Über die letzten fünf Jahre wurde viel informiert und aufgeklärt, im persönlichen Gespräch wie medial. „Das trägt jetzt Früchte“, freut sich Vettori. Sie beobachtet aber auch, dass es mit der Umwidmung allein nicht getan ist. Wohnstraßen müssten als solche erkennbar sein: durch Verschwenkung, Barrieren bei der Einfahrt, eine deutlichere Kennzeichnung und vor allem eine Gestaltung, die sich an den Bedürfnissen der Passanten und Anarainer orientiert. „Erst Sitzgelegenheiten, schattenspendende Bäume, Wasserspiele und Räume, die frei genutzt werden können, machen die Straße zu einem gemeinschaftlichen Aufenthaltsraum. Je mehr Menschen der „Kultur des Wohnstraßenlebens“ frönen, desto sichtbarer wird das Potenzial dieser besonderen Straßen für alle." 

Übersicht der Aktivitäten

Am „Tag der Wohnstraße“ startet nicht nur die Europäische Mobilitätswoche. Er fällt auch auf den internationalen Park(ing) Day. Ein passender Zufall, denn gerade Parklücken können in Wohnstraßen vielfältig genutzt werden. Wie vielfältig, lässt sich an den unterschiedlichen Aktivitäten ablesen:

Burjanplatz, 1150 (15-20 Uhr): Garderobe Kleider tauschen, es sich am Grätzelteppich bequem machen, im an der Wohnstraße gelegenen Basis.Kultur.Raum die Foto-Ausstellung zum space and place-Projekt „Stoff fürs Grätzel“ ansehen und die dazugehörige Soundcollage anhören. Bunte Schirmblüten markieren den Raum und weisen den Weg zu einer Baumskulptur, die als Mitmach-Station zum Thema „Aus grau wird grün“ errichtet wird. Auch zum Thema „Was mein Grätzl reicher macht“ kann man sich einbringen. Tänzer von DanceAbility laden mit „MITANAUND UMANAUND“ ab 15 Uhr mehrmals zum Mittanzen ein. Beim QR-Walk von space and place kann man wiederum das Erste Wiener Wohnstraßen-Grätzel rund um den Burjanplatz erkunden. Wer es sportlicher mag, kann sich bei Sportstationen von Tischtennis bis Boxen verausgaben. Ein Plauderbankerl und Spiele für Kinder laden zum Verweilen ein – begleitet von den funky Sounds von DJane Malou. Außerdem liegt die Petition zur Erweiterung des Wohnstraßen-Grätzels von sieben auf neuen Wohnstraßen, die auch den Kriemhildplatz einschließen, zum Unterschreiben auf.

Arnezhoferstrasse, 1020 (15:30-19:30 Uhr): Im Stuwerviertel warten auf Anrainer und Passanten Chill-Zonen mit alkoholfreien Cocktails, Zirkusmaterialien und Basteleien. Das Fairplay-Team präsentiert seine Angebote. Koordiniert wird dies vom Bassena Stuwerviertel.

Czapkagasse, 1030 (15-18 Uhr): In der Wohnstraße gleich neben dem Czapkapark gibt es vom Fair-Play-Team 03 ein gemütliches Beisammensein mit Stühlen, Liegestühlen, Klapptischen und Teppich, mit Saft und Kuchen, das alles bei leiser Musik. Man kann sich zudem über das Beteiligungsverfahren Czapkapark informieren.

Kollmayergasse, 1120 (12-16 Uhr): Anrainer verwandeln die Wohnstraße in einen Raum für gemütliches Zusammentreffen bei Musik, mit Snacks und Getränken, Kreidemalen, Spielen auf der Straße und einen Kindersachenflohmarkt.

Marschallplatz, 1120 (7:30-8:30 Uhr): Hier steht die Sensibilisierung im Vordergrund. Mitglieder des Elternvereins der angrenzenden Volksschule machen Eltern, Schüler und Anrainer in einer frühmorgendlichen Aktion auf die Wohnstraße auf ihr Potential aufmerksam.

Rothenburgstraße, 1120 (ca. 11-13 Uhr): Das Team der Volksschule Rothenburgstraße wird der Wohnstraße mit Liegestühlen, Maltischen, Spiele für Kinder etc. Leben einhauchen.

Goldschlagstraße 31-33, 1150 (15-20 Uhr): „Das Destillat“ und Lilith Matthews laden zum nachbarschaftlichen Austausch auf der Wohnstraße. Sie halten Malkreiden und Spiele für Kinder bereit und bitten zu einer spontanen Akustikgitarre-Session.

Pelzgasse, 1150 (14-19 Uhr): 2020 wurde die Pelzgasse zu einer „Vorzeigewohnstraße“ unter anderem mit Sitzgelegenheiten und Wasserspielen für Kinder (und Erwachsene) umgestaltet. Dies wird mit einem gemütlichen Beisammensein bei Kaffee, Bier und Kuchen gefeiert.

Wurmsergasse, 1150 (14-19 Uhr): Die Agenda Rudolfsheim-Fünfhaus zeigt in der Wurmsergasse zwischen Hütteldorfer Straße und Pilgerimgasse eine Fotoausstellung mit Pflückfotos, die bei einer Fotoerkundung im Bezirk entstanden sind. Sie stellen eine temporäre Bank mit einem „Parkbanktagebuch“ auf, laden zum Picknick und dazu, die Straße mit Sprüchen zu bemalen. Außerdem wird der Geburtstag einer 80-Jährigen auf der Wohnstraße gefeiert.

Gaullachergasse, 1160 (9-11 Uhr und 14-18 Uhr): Die Volksschule Gaullachergasse verlegt Klassenzimmer auf die Wohnstraße direkt vor ihrer Schule und gestaltet Unterricht für alle zum Mitmachen: Experimente, Leserätsel, Kreativstationen, Bewegung, Fröbelturm. Außerdem lädt der Superar-Chor ab 10:15 Uhr ein, ihrer Probe zu lauschen. Am Nachmittag verwandelt Geht-Doch.Wien diesen Abschnitt der Wohnstraße in ein Spieleparadies mit Zirkusworkshop, Spielsachen, Bastel-Workshop, Kreiden und Straßenbemalung, Gesichtsbemalung und temporären Tattoos.

Robert-Blum-Gasse, 1200 (14-18 Uhr): Engagierte Anrainer*innen erwecken die Wohnstraße unter dem Motto „Bunt statt grau – Brigittenau“ mit unterschiedlichen Spielen zum Leben: mit Zirkuszubehör, Dosenschießen und Straßenkreide, mit einer Leseecke und Riesenseifenblasen.

Lorenz-Bayer-Platz (1170), Mechitaristengasse (1070), Bäckerstrasse (1010) und Staudingergasse (1200): Der Singer-Songwriter K.WIENA verwandelt ab 15 Uhr vier Wohnstraßen für jeweils 30 Minuten in einen öffentlichen Probenraum.

Am Fröbelpark, Graz (9-13 Uhr): Hier erobern Interessierte gemeinsam mit Fratz Graz die Wohnstraße mit dem Spieleradl, dem Spielplatz der Fantasie, Wohnstraßenzauberei, Schrotty und Engy – Das Alt Mach Neu Mobil und einem Plauderstand. Dort kann man sich auch die Infos für die Rätseltour abholen (10-12 Uhr) und sich sodann zu Fuß, per Rad oder mit den Öffis auf die Suche nach weiteren Wohnstraßen machen und vor Ort mit Bewohnern plaudern.

https://spaceandplace.at/5-tag-der-wohnstrasse/

* Die Kulturinitiative space and place wurde 2011 von Brigitte Vettori initiiert. Die Stadtmacher*innen und Stadtforscher*innen sehen den öffentlichen Raum als Ort der Begegnung, bringen Menschen dort zusammen und kreieren mit künstlerischen und sozio-kulturellen Interventionen gemeinsame Momente. Sie nehmen in vielfältigen Projekten die Stadt Wien und ihre heterogene Bevölkerung in den Fokus. Seit 2018 liegt ein Schwerpunkt ihrer Arbeit auf Wohnstraßen. 2022 bespielt space and place den öffentlichen Raum unter anderem mit city|tact, #wohnstrassenleben, dem 5. „Tag der Wohnstraße“, „Stoff fürs Grätzel“ und „Wir sprechen…“.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.