Krieg in der Ukraine

Ukraine meldet massive Offensive in Region Cherson

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskij kündigte in einer Videoansprache die Offensive an. Man werde die russischen Truppen über die Grenze jagen.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskij kündigte in einer Videoansprache die Offensive an. Man werde die russischen Truppen über die Grenze jagen.via REUTERS
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Selenskij fordert russische Truppen auf, vor der ukrainischen Offensive bei Cherson zu fliehen. Moskau erklärt, die Offensive abgewehrt zu haben. Das AKW Saporischschja wurde angeblich erneut beschossen.

Die ukrainische Armee setzt ihre Offensive zur Rückeroberung der von russischen Truppen besetzten Region Cherson nach eigenen Angaben massiv fort. Das Büro von Präsident Wolodymyr Selenskyj meldete am Dienstag "schwere Kämpfe" auf fast dem gesamten Gebiet der Region Cherson. Ob die Gegenoffensive der Ukraine in der strategisch wichtigen Region Erfolg hat, war allerdings unklar. Das Gelände des AKW Saporischschja geriet unterdessen am Dienstag erneut unter Beschuss.

Es habe "den ganzen Tag und die ganze Nacht über starke Explosionen" gegeben, erklärte das Büro von Präsident Selenskyj am Dienstag. "Fast das gesamte Gebiet" der Region Cherson sei betroffen. Die ukrainische Armee hatte am Montag eine Gegenoffensive gestartet, um die Region zurückzuerobern. Mit genaueren Meldungen zur Lage hielt sich das ukrainische Militär jedoch zurück.

„Positionskämpfe"

Die Pressesprecherin des Südkommandos der ukrainischen Armee, Natalija Humenjuk, sprach am Dienstag von "Positionskämpfen" in den Gebieten Mykolajiw und Cherson. Es sei dabei noch zu früh von möglichen zurückeroberten Orten zu reden. "Es finden gerade Kämpfe statt und diese erfordern eine Informationsruhe." Tags zuvor hatte Humenjuk den Start einer lange angekündigten Offensive auf dem rechten Ufer des Fluss Dnipro verkündet.

Die russische Armee bestätigte Vorstöße der ukrainischen Truppen, sprach aber von erfolgreicher Abwehr und hohen ukrainischen Verlusten.

Das britische Verteidigungsministerium erklärte in einer Sicherheitsmitteilung, der "Umfang des ukrainischen Vorstoßes" könne zwar nicht bestätigt werden. Die ukrainische Armee habe aber das "Artillerie-Feuer an Frontabschnitten in der ganzen Südukraine erhöht", um russische Versorgungslinien mit "Präzisionsschlagen mit hoher Reichweite" zu unterbrechen.

Tote bei russischem Angriff in Mykolajiw

Die Behörden der weiterhin unter ukrainischer Kontrolle stehenden Hafenstadt Mykolajiw rund 90 Kilometer von Cherson entfernt meldeten wiederum, dass dort bei russischen Angriffen zwei Menschen getötet worden seien. Auch in der ostukrainischen Stadt Charkiw wurden nach Angaben des dortigen Gouverneurs durch russischen Beschuss mindestens vier Personen getötet. Vier weitere Personen seien verletzt worden, schreibt Gouverneur Oleh Synehubow auf seinem Telegram-Kanal.

Selenskyj drängte russische Soldaten zum Rückzug. "Es ist Zeit für das russische Militär, abzuhauen", sagte Selenskyj am Montagabend in seiner Videoansprache. "Geht nach Hause". Der Vorstoß nahe der Stadt Cherson folgt auf Wochen des praktischen Stillstands in dem seit mehr als sechs Monate andauernden Krieg.

Sorge vor Nuklearkatastrophe

Unterdessen schürt der anhaltende Beschuss von Europas größtem Atomkraftwerk Saporischschja weiter die Furcht vor einer Nuklearkatastrophe. Von zwei Explosionen in der Nähe eines Lagergebäudes für abgebrannte Brennelemente des AKW Saporischschja berichtete die russische Militärverwaltung der Stadt Enerhodar. Die Verwaltung machte die Ukraine für den Angriff verantwortlich. Demnach soll es ihr Ziel sein, die Mission der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA zu stören.

Die Ukraine warf umgekehrt Russland vor, absichtlich den Korridor zu beschießen, über den die IAEA-Mitarbeiter die Anlage erreichen müssten, um sie dazu zu bewegen, stattdessen über die russisch annektierte Krim zu reisen.

Die Experten der in Wien ansässigen Organisation sollen das russisch besetzte Kernkraftwerk im Südosten des Landes inspizieren. Die IAEA-Mission unter Führung von IAEA-Chef Rafael Grossi wird im Laufe der Woche vor Ort erwartet. Die Strahlungswerte am AKW seien weiterhin normal, meldete Russland nach dem neuerlichen Beschuss. Das größte europäische Atomkraftwerk wird seit März von russischen Truppen besetzt.

Als vorbeugende Maßnahme für die Menschen in der Region um das Atomkraftwerk kündigten die EU-Staaten eine Spende von 5,5 Millionen Kaliumjodidtabletten an die Ukraine an. Österreich stellt 500.000 solcher Tabletten zur Verfügung, teilte die EU-Kommission in Brüssel am Dienstag mit. Die Tabletten sollen für den Fall genutzt werden, wenn Radioaktivität aus dem AKW austritt. So solle verhindert werden, dass sich eingeatmetes oder verschlucktes radioaktives Jod in der Schilddrüse absetze.

Iran schickt Drohnen für Russland

Der Iran hat unterdessen einem US-Medienbericht zufolge erste Drohnen an Russland für den Einsatz in der Ukraine geschickt. Wie die "Washington Post" unter Berufung auf Geheimdienstkreise berichtete, wurden bereits am 19. August mindestens zwei verschiedene Typen unbemannte Flugzeuge geliefert. Diese könnten für den Beschuss von Radaranlagen, Artillerie und anderen militärischen Objekten eingesetzt werden. Allerdings hätten die russischen Streitkräfte bei ersten Tests mit zahlreichen Fehlfunktionen zu kämpfen gehabt.

(APA/Reuters/dpa)

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