Die Versorgungssicherheit der Wiener Bevölkerung und der angrenzenden Bezirke sei gewährleistet, betont der Wiener Bürgermeister.
Was ist los bei der Wien Energie? Laut Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) hat Österreichs größter Energieversorger am Wochenende um staatliche Hilfen angesucht. Binnen 24 Stunden würden zwei Milliarden Euro benötigt, um nicht zwei Millionen Verträge zu kündigen. Denn: Wien Energie benötige für den Kauf von Strom an internationalen Energiebörsen Gelder zur Besicherung von künftigen Lieferverträgen (Futures). Diese Kautionen stiegen analog zum Strompreis zuletzt stark an. Stimmt so nicht ganz, verlautete kurz darauf der Konzern: Man sei wirtschaftlich gesund und schreibe keine Verluste. Warum also die Aufregung?
„Es gibt nichts zu verbergen, keine Geheimnisse, keine Intransparenz“, betonte Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) Dienstagmittag. „Die Versorgungssicherheit der Wiener Bevölkerung und der angrenzenden Bezirke ist gewährleistet, war es immer und wird es immer sein.“ Allerdings: Ja, die Strompreise gehen durch die Decke. Deswegen würden derzeit Gespräche zwischen dem Bund und Wien geführt, um Energieunternehmen - auch in den anderen Bundesländern - unter einen Schutzschirm zu stellen. „Es ist nichts Unübliches“, dass so etwas geschehe, betonte Ludwig. Die türkis-grüne Bundesregierung sei bisher stets gegen jeden Markteingriff aufgetreten, kritisierte Ludwig und verwies darauf, dass auch in Spanien schon frühzeitig ein ebensolcher gefordert wurde.
Auch Deutschland habe einen Schutzschirm errichtet, um gesunde Unternehmen im Energiesektor, die unter Druck geraten sind, unterstützen zu können: „In Österreich leider nicht.“ Deshalb habe man in Wien einen „Wiener Schutzschirm eingerichtet“ und am 15. Juli 2022 der Wien Energie „entsprechend der Stadtverfassung“ ein Darlehen von 700 Millionen Euro bewilligt. Am gestrigen 29. August sei es dazu ein zweites Mal gekommen.Zudem habe er eine Sonderprüfung der Organe in der Wien Energie eingeleitet und den Stadtrechnungshof mit einem Prüfauftrag beauftragt, unterstrich Ludwig.
„Verrückte Märkte“, aber keine Spekulation
Die Bundeshauptstadt könne aufgrund ihrer Größe mit keinem anderen österreichischen Versorgungsgebiet verglichen werden, ergänzte Peter Weinelt, stellvertretender Generaldirektor der Wiener Stadtwerke. Insofern sei auch die Wien Energie nicht mit anderen Energieversorgern vergleichbar. Denn, hier käme die Energie nicht vom Wasser, sondern zu einem Großteil aus der Kraft-Wärme-Kopplung sowie zu 20 Prozent aus der Müllverbrennung.
Fest stehe außerdem, so Weinelt: „Es gab keine Spekulationen“, wohl aber extreme Preissteigerungen in der vergangenen Woche, die zu kurzfristigen Liquiditätsspitzen geführt hätten. Diese wiederum rührten von der großen Menge an eingespeichertem Gas - mehr als 90 Prozent, sagte Weinelt. „Das bindet Liquidität. Aber Versorgungssicherheit kostet Geld.“ „Es sind verrückte Märkte“, ließ auch Finanzstadtrat Peter Hanke (SPÖ) keinen Zweifel daran, wer Schuld an all der Aufregung der vergangenen Stunden und Tage habe. „Um solchem Wahnsinn Einhalt zu gebieten, braucht es einen Schutzschirm.“ Die Stadt Wien habe einen solchen aufgespannt und daraus, wie von Ludwig erwähnt, schon zweimal Geld hervorgeholt. An den Bund sei nun herangetreten worden, da es auf den Strommärkten derzeit derart turbulent zugehe, dass am Montag eine Garantie fällig geworden sei für ein Geschäft, das am Freitag geschlossen wurde.
Mittlerweile stelle sich das wieder anders dar - weil die Märkte eben so variabel seien, führte Hanke aus. „Der Betrag von 798 Millionen Euro wurde wieder gut gebucht“, präzisierte er. Und fügte an: „Sie sehen, welche unglaubliche Entwicklung dieser Strommarkt durchmacht.“
Brunner: „Katastrophe in Wien verhindern“
Per Aussendung meldete sich am Nachmittag auch Wien Energie zu Wort und wies die aufgekommenen Spekulationsvorwürfe zurück. Die zuverlässige Energieversorgung der Wienerinnen und Wiener habe „oberste Priorität", Spekulationen würden dabei keinen Platz haben, heißt es in dem Schreiben. „Ein Spekulationsverbot ist in unseren Risikohandbüchern dezidiert festgehalten, wir tätigen selbstverständlich keine Leerverkäufe", so die Wien Energie.
Zuvor hatte Finanzminister Brunner betont, dass man alles daransetze, eine „Katastrophe in der Bundeshauptstadt" abzuwenden. Das Schreckensszenario laute, dass zwei Millionen Wienerinnen und Wienern Strom und Gas abgedreht werden. „Wir stehen kurz vor einer Lösung, Details müssen aber noch geklärt werden", so Brunner. Eine Antwort darauf, welche das seien, blieb er ebenso schuldig, wie darauf, ob spekuliert wurde und welche Strommenge von der Wien Energie bestellt wurde.
Heute jedenfalls benötige der Konzern kein Geld vom Bund, sagte Brunner. Morgen, Mittwoch, könnte das aber wieder anders aussehen. Ansehen will sich die Entwicklungen indes der Rechnungshof. Er kündigte am Dienstag eine Prüfung der Causa an, die FPÖ überlegt unterdessen, ob sie eine Anzeige einbringt.