Unterstützungsbedarf

Die Laune der Jugend sinkt

Vor allem Frauen sehen sich mit psychischer Belastung konfrontiert.
Vor allem Frauen sehen sich mit psychischer Belastung konfrontiert. (c) Getty Images (Thomas Lohnes)
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Ein Drittel junger Menschen ist mit ihrem Leben unzufrieden, einige legen Pläne für eine eigene Wohnung oder den Familienzuwachs auf Eis. Die Ängste sind groß, vor Krieg, Klimawandel und den beruflichen Aussichten.

In Österreich ist jede dritte Person zwischen 14 und 29 Jahren unzufrieden mit dem eigenen Leben, so die Ergebnisse einer Trendstudie des Marketagent-Forschungsinstituts. Sorgentreiber sind primär das Geld, die Gefahr eines Krieges in Europa, der Klimawandel sowie die schlechten beruflichen Aussichten. Es bedarf an Unterstützung, so die Autorinnen und Autoren der Studie. 800 Teilnehmende wurden im Juni und August zu ihrem Befinden befragt. Obwohl Österreich zu den reichsten und sichersten Ländern der Welt zählt, geben nur 66 Prozent an, mit ihrem Leben „zufrieden zu sein“. Knapp 60 Prozent sind mit ihrer finanziellen Lage „teilweise bis sehr unzufrieden“, knapp 40 Prozent mit den beruflichen Chancen.

Daraus ergibt sich eine nur mäßige Lage zur psychischen Gesundheit junger Menschen. 40 Prozent der jungen Männer sind damit unzufrieden, bei den jungen Frauen ist es sogar die Hälfte. Das rühre aus „Stress, Erschöpfung, Selbstzweifel und Antriebslosigkeit“ her, junge Frauen befänden sich zudem im dritten Lebensjahrzehnt „beruflich wie privat in einer weichenstellenden Periode“ bezüglich des späteren Kinder- und Familienwunschs, liest es sich in der Mitteilung. Die mit der Pandemie verbundenen Einschränkungen haben zudem eine Zunahme von Körperbildstörungen und Essstörungen bewirkt. „In den Lockdown-Phasen kam es zu einer Überschwemmung von mit Photoshop konstruierten Idealimages bei gleichzeitigem Verlust eines ‚Realabgleichs‘ in Schule und Lehrbetrieb, was zahlreiche junge Mädchen in Selbstzweifel und manifeste Störungen getrieben hat“, sagt Martina Leibovici-Mühlberger, Medizinerin und Psychotherapeutin.

„Es ist fünf vor 12“ 

Etwa 20 Prozent der Jungen geben an, Unterstützungsangebote von Ärztinnen und Therapeuten in Anspruch zu nehmen. Mit Yoga und Meditation versuchen 14 Prozent ihrer Psyche zu helfen. Schulische Betreuungsangebote oder Telefonberatung nehmen nur 6 bis 7 Prozent in Anspruch. Besonders alarmierend ist, dass sieben Prozent angeben, Suizidgedanken zu haben, wobei hier ein Ost-West-Gefälle binnen Österreich zu herrschen scheint. In Wien sind es zwölf Prozent, die davon geplagt sind, in Vorarlberg und Tirol hingegen drei Prozent. 15 Prozent führen auf, unter Angstzuständen zu leiden.

Studien-Initiator Heinz Herczeg will dem nun nachgehen. Zusammen mit Jugend- und Zukunftsforscher Simon Schnetzer und dem Sozial-, Bildungs- und Gesundheits-Wissenschaftler Klaus Hurrelmann, beide Autoren der Studien „Jugend in Deutschland“, sollen Sorgen und Bedürfnisse der jungen Generation ergründet werden. „Während Corona standen verständlicherweise die Kranken und Alten im Mittelpunkt der Gesellschaft und Politik, aber jetzt ist es höchste Zeit, unsere Jugendlichen und jungen Erwachsenen bewusst zu unterstützen“, sagt Herczeg. Die Studienergebnisse würde ihn alarmieren, eine Vielzahl sei unzufrieden, der Optimismus klein. Eien Chance sieht er in jenen drei Vierteln der Jungen, die eine tiefgreifende Veränderung fordern. „Nutzen wir dieses Momentum für eine Neuausrichtung unserer lebensbestimmenden Systeme.“ 

Den größten Handlungsbedarf sehen die jungen Österreicherinnen und Österreicher bei „der Milderung der Auswirkungen durch die steigende Inflation“, mit 56 Prozent der Befragten, gefolgt davon „dass etwas gegen den Klimawandel unternommen wird“ (43 Prozent). Für rund 40 Prozent der Jugend in Österreich sind „die Wirtschaftskrise, die Armut oder der Wohlstandsverlust sowie die Auswirkungen des Ukraine-Krieges“, wichtige Handlungsfelder für die Verbesserung der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Situation. Beinahe drei Viertel der Befragten wollen jetzt Taten sehen. „Es ist bereits fünf vor zwölf. Wir müssen handeln, um eine neue, lebenswertere Zukunft zu gestalten“, warnt Herczeg.

Durchkreuzte Pläne

Schon jetzt legt Österreichs junge Generation gewisse Pläne auf Eis, etwa 57 Prozent verabschieden sich vom Vorsatz einer größeren oder gar eigenen Wohnung. 56 Prozent wägen die Entscheidung über ein neues Auto oder eine weite Reise. Auch sieht mehr als die Hälfte, auch hier ist der Anteil der Frauen mit 60 Prozent höher, den Entschluss zu eigenen Kindern kritisch. Zukunftsängste würden außerdem die Motivation zu arbeiten erheblich beeinflussen. Die Forderung an Unternehmen faire Gehälter auszubezahlen, ein gutes Betriebsklima zu schaffen und verantwortungsvolle, ökologische Unternehmensführung anzubieten, wird vielerorts lauter. Es braucht auch hier ein Umdenken, und die Unterstützung Jugendlicher, im Finden der richtigen Jobs etwa.

(evdin)

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