Forschung

„Haben ein Jahrhundert der Forschung vor uns“

Ob Covid- oder Klimakrise – die Wissenschaft präsentiert sich in Kooperation mit der Wirtschaft als Teil der Lösung.

Jetzt muss alles sehr schnell gehen. „Der zeitliche Druck ist neu. Er ist aus ökonomischen Gründen notwendig, damit Europa wettbewerbsfähig bleibt und natürlich, um konkrete Lösungen anzubieten“, sagt Henrietta Egerth, Geschäftsführerin der Forschungsförderungsgesellschaft FFG. Dort unterstützt man Forschung und Entwicklung (F&E), die in enger Kooperation mit Unternehmen passiert – und konkreten Nutzen für die Anwendung bringt. Sie soll der „Gamechanger“ für die Zukunft sein, Lösungen für Probleme bringen, die zum Teil durch die aktuellen Krisen sichtbar geworden sind. „Wir haben ein Jahrzehnt, wenn nicht Jahrhundert der Forschung vor uns“, sagt Egerth.

Krisenhafte Entwicklung hat man bei der FFG selbst in den vergangenen zwei Jahren aber keine gespürt, eher im Gegenteil. „Im Unterschied zur Finanzkrise 2008 gab es überhaupt keinen Einbruch bei der Nachfrage nach Projekten, sondern einen Anstieg“, berichtet Ko-Geschäftsführer Klaus Pseiner. „Die Unternehmen haben die Krise genutzt, um ihre Leistungsfähigkeit in F&E weiter auszubauen und sich fit für die Zeit nach der Krise zu machen.“

Das Problem gibt den Takt vor

Wie lassen sich nun Innovationen stärken, die Wege aus der Krise weisen? Ob Covid- oder Klimakrise – die Agenda für die Forschung ergebe sich aus dem jeweiligen Problemkontext, schildert Pseiner: „Die krisenhafte Situation ist der Taktgeber für das, was wir missionsorientierte Nachfrage nennen: Wir geben den Rahmen vor und sagen, in welchen Korridoren wir Forschungsergebnisse brauchen.“ Das Risiko ist dabei geteilt, denn Unternehmen und Forschungseinrichtungen müssen die Forschung mitfinanzieren. „Das gibt uns die Sicherheit, dass das einreichende Team auch wirklich an die Inhalte und die Realisierung des Forschungsprojekts glaubt“, sagt Pseiner.

Die FFG finanziert Forschung aber nicht nur, sie versucht, deren Erfolg durch Services wie Beratungen sicherzustellen. Man suche Mechanismen, die eine Überleitung in neue Produkte, Dienstleistungen und Geschäftsmodelle gewährleisten, erläutert Egerth. Denn: „Beim Transfer von Wissensinstitutionen in Produkte für den Markt haben wir eine Lücke in Europa.“ Die Systeme sollten aber insgesamt durchlässiger werden: Für eine akademische Laufbahn dürfe es etwa nicht als Aus gewertet werden, wenn jemand ein Gründer ist: „Vielleicht kann er danach mit dem gewonnenen Wissen wieder zurück in die akademische Welt? Da gibt es noch viel zu tun in Österreich“, so Egerth.

Und die Unterstützung der FFG reicht noch weiter: Beim Impfstoff gegen Covid-19 habe man gesehen, wie schnell dieser auf dem Markt gewesen sei – und wie sehr es an Akzeptanz gefehlt habe, sagt Egerth. „Wir verstehen es auch als unsere Aufgabe, bei solchen Fragen zusätzliche Dienstleistungen anzubieten. Das beginnt damit, dass man Forschungsinhalte sauber analysiert, sie auf soziale und gesellschaftliche Verträglichkeiten abklopft und dass man Argumentarien mit Fachleuten überlegt“, schildert Pseiner.

Nach dem Ende geht es weiter

Darüber hinaus frage man auch, wie man weitere Akteure in Projekte mithineinbringe, die etwa soziale Innovationen mitbedenken könnten. Außerdem ende ein Forschungsprojekt nicht, wenn es aus sei, sagt Pseiner. Die Leistungen reichen deutlich weiter: „Es gibt eine Einführungsphase in die Umsetzung, die wir mit verschiedenen Maßnahmen begleiten. Das ist ein wesentlich umfassenderer Ansatz von F&E als das klassische, reine Forschungsprojekt.“

Für ihr breites Angebot hat die FFG zuletzt viel Geld bekommen. Die Dotierung von 1,6 Mrd. Euro sei ein „all-time high“, sagt die Geschäftsführung. Was wünscht man sich nun noch für die anwendungsorientierte Forschung in Österreich? Man müsse noch immer viele sehr gut bewertete Projekte aus Mangel an Budget ablehnen, berichten Egerth und Pseiner. Rund 200 bis 300 Millionen Euro pro Jahr fehlten für ihre Finanzierung. „In jedem einzelnen steckt Hirnschmalz. Das ist ein Verlust für uns und für die Unternehmen.“ Zudem geht mit rund 800 Mio. Euro die Hälfte der Mittel in Infrastrukturausbau wie den eines ultraschnellen Breitbandnetzes – Maßnahmen, von denen aber letztlich auch die Forschung profitiert.

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