Liz Truss wurde von der Queen zur Regierungschefin ernannt. Zuvor verabschiedete sich Boris Johnson mit gewohnt launigen Metaphern und lobte seine Arbeit. Er stellte sich aber auch hinter seine Nachfolgerin.
Liz Truss ist neue Premierministerin des Vereinigten Königreichs. Die bisherige Außenministerin wurde am Dienstag von Queen Elizabeth II. auf dem königlichen Schloss Balmoral in Schottland zur Regierungschefin ernannt. Zuvor hatte die Queen den bisherigen Regierungschef Boris Johnson formal aus dem Amt entlassen.
Die Queen hält sich traditionell von Mitte Juli bis Mitte September auf ihrem schottischen Landsitz Schloss Balmoral auf. Dass sie die Politiker nicht im Buckingham-Palast in London empfängt, hat mit den Mobilitätsproblemen der 96-jährigen Monarchin zu tun.
Der scheidende britische Premierminister Johnson hatte seiner Nachfolgerin in seiner Abschiedsrede zuvor "nichts als energische Unterstützung" versprochen. Das sagte der konservative Politiker am Dienstag bei einer letzten Rede als britischer Premierminister in der Londoner Downing Street. Hunderte Mitarbeiter, Abgeordnete, Fotografen und Reporter hatten sich dafür in der abgesperrten Straße versammelt.
Mit dem Auftritt in der Früh nahm Johnson nach gut drei Jahren im Amt vorerst Abschied von der Regierungsspitze. Spekulationen über ein mögliches Comeback tat der 58-Jährige gewohnt humorvoll ab, jedoch nicht ohne Zweifel daran zu lassen, wie ernst er es damit meint. "Lassen Sie mich sagen, dass ich nun wie eine dieser Trägerraketen bin, die ihre Funktion erfüllt hat und sanft wieder in die Atmosphäre eintritt und unsichtbar irgendwo in einem entfernten Teil des Pazifiks versinkt", sagte Johnson.
Der 58-Jährige zählte noch einmal die tatsächlichen und angeblichen Errungenschaften seiner Regierungszeit auf - darunter den Brexit, die rasche Verteilung von Corona-Impfstoffen, die frühe Unterstützung der Ukraine mit Waffenlieferungen sowie die Bekämpfung von Kriminalität und den Bau neuer Krankenhäuser.
Reise nach Schottland
Im Anschluss stieg er mit seiner Frau Carrie in einen Wagen und machte sich auf den Weg nach Schottland. Er traf um die Mittagszeit zu einer Audienz bei Königin Elizabeth II. ein, wo er formell um seine Entlassung aus dem Amt bat.
Die künftige britische Premierministerin Liz Truss ist am Dienstag wenig später ebenfalls zu ihrer Ernennung bei Queen Elizabeth II. eingetroffen. Auf Fernsehbildern war zu sehen, wie die bisherige Außenministerin beim königlichen Schloss Balmoral in Schottland ankam. In einer privaten Audienz wurde Truss von der Königin dann zur Nachfolgerin von Johnson ernannt. Sie will sich am Nachmittag dann zurück in London aus der Downing Street an die Nation wenden (etwa 17 Uhr MESZ).
Erwartet wurde, dass sie anschließend die wichtigsten Mitglieder ihres Kabinetts bekannt geben würde und zumindest in den nächsten Tagen die Umrisse eines Plans vorlegt, mit dem der enorme Anstieg der Lebenshaltungskosten abgefedert werden soll. Einem Bericht der Boulevardzeitung "Sun" zufolge will Truss die Preise für Gas und Strom einfrieren - ein Vorhaben, das den britischen Staat laut dem Bericht mindestens 40 Milliarden Pfund (46,32 Mrd. Euro) kosten dürfte. Sollte Truss gleichzeitig an ihren Ankündigungen festhalten, Steuern zu senken, dürfte das zu einem schwierigen Spagat werden. Hinzu kommen die Probleme des chronisch unterfinanzierten Gesundheitsdienstes NHS und massive Unzufriedenheit im öffentlichen Sektor über Löhne und Gehälter.
Dritte Premierministerin nach Thatcher und May
Truss wurde am Montag nach einem wochenlangen parteiinternen Auswahlprozess zur Parteichefin gekürt. Die bisherige Außenministerin hatte sich zuvor bei der Abstimmung unter den etwa 170.000 Tory-Mitgliedern gegen Ex-Finanzminister Rishi Sunak durchgesetzt.
Truss ist nach Margaret Thatcher und Theresa May die dritte Frau an der Spitze der britischen Regierung. Sie bezieht die Downing Street 10 in einer kritischen Phase: Großbritannien ist mit einer galoppierenden Inflation konfrontiert und droht in eine Rezession zu stürzen. Millionen Britinnen und Briten haben Angst, im bevorstehenden Winter ihre Strom- und Gasrechnungen nicht mehr bezahlen zu können. Hinzu kommen Unsicherheiten durch den Krieg in der Ukraine, die Corona-Pandemie und den Brexit. Truss hat Steuerkürzungen versprochen und angekündigt, als eine ihrer ersten Maßnahmen einen Plan zur Bewältigung der Energiekrise vorzulegen.
(APA/dpa)