ÖVP-Ermittlungen

Kanzleramt widersetzt sich der WKStA

Die Anordnung der Staatsanwaltschaft, Daten von Dutzenden Mitarbeitern der Öffentlichkeitsarbeit weiterzugeben, sei zu unkonkret und könne daher nicht befolgt werden, sagt das Bundeskanzleramt.

In der ÖVP-Inseratenaffäre geht das Bundeskanzleramt (BKA) jetzt auf Konfrontation mit der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft. Die WKStA hatte im August eine Sicherstellungsanordnung ans Kanzleramt gerichtet, in der sie die Herausgabe von massenhaft Daten Dutzender Mitarbeiter verlangt hatte. Am Donnerstag hat das Kanzleramt nun den zuständigen Oberstaatsanwalt informiert, dass es dieser Aufforderung nicht nachkommen werde. Das Verlangen nach Daten sei nämlich zu unbestimmt, als dass man ihm nachkommen könne, ohne damit Rechte der betroffenen Personen zu verletzen.

In der Inseratenaffäre geht es um den Verdacht, dass Personen rund um den damaligen Außenminister Sebastian Kurz beginnend im Jahr 2016 öffentliche Mittel dazu verwendet hätten, um manipulierte Meinungsumfragen erstellen zu lassen und dazu zu verwenden, den Aufstieg von Kurz zum ÖVP-Chef und Bundeskanzler zu fördern. Mit ihrer Sicherstellungsanordnung will die WKStA alle Daten aus E-Mail-Postfächern und persönlich zugeordneten Laufwerken samt Backups und Sicherungskopien von sämtlichen Mitarbeitern von Dezember 2017 bis Oktober 2021 im Bereich Öffentlichkeitsarbeit und strategische Kommunikation ausgefolgt bekommen.

Im ersten Schritt Amtshilfe geboten?

Das Bundeskanzleramt steht jedoch auf dem Standpunkt, dass die WKStA die ihrer Meinung nach relevanten Informationen auf rechtskonforme Weise im Wege der Amtshilfe zumindest eingrenzen könnte und daher auch müsste, statt massenhaft und ungefiltert sämtliche Daten einer großen Anzahl von Personen herauszuverlangen. BKA-Generalsekretär Bernd Brünner hat sich dazu von Wolfgang Peschorn, dem Präsidenten der Finanzprokuratur, beraten lassen. Wie Peschorn am Donnerstagnachmittag vor Medienvertretern erläuterte, müsste die WKStA für eine Sicherstellung im Einzelnen darlegen, warum sie bei welchen Personen in welchen Zeiträumen Hinweise auf illegale Vorgänge finden zu können glaube. Nur unter dieser Voraussetzung dürfe in die Rechte der Betroffenen eingegriffen werden.

Wenn der WKStA der Einblick in die Abläufe im Kanzleramt fehle, dann könne sie diese im Wege der Amtshilfe erfragen, meint das BKA. Nach seinen Angaben hielt die WKStA die Amtshilfe für unmöglich, weil die Mitarbeiter im Kanzleramt die IT-Infrastruktur (in gewissen Grenzen) auch für private Zwecke nutzen dürften, die Amtshilfe also zwangsläufig an die Grenzen des Privaten stoßen müsste. Nach Einschätzung der Arbeitsrechtsspezialistin Katharina Körber-Risak übersehe die WKStA allerdings, dass laut Beamtendienstrecht das Recht auf Wahrung der Privatsphäre dann durchbrochen werden dürfe, wenn der Verdacht einer Dienstpflichtverletzung vorliege – und zwar nicht unbedingt durch denjenigen, bei dem aufschlussreiche Information vermutet werde. Nach Einschätzung von Anwältin Körber-Risak ist die WKStA sogar verpflichtet, im ersten Schritt im Wege der Amtshilfe die Objekte ihrer Suchaktion genauer einzugrenzen.

Umstrittene Hausdurchsuchung im BVT

Zwangsmittel wie eine Sicherstellung oder gar eine – nur mit richterlicher Bewilligung mögliche – Hausdurchsuchung dürfen von der Staatsanwaltschaft nur eingesetzt werden, wenn sie erforderlich sind, also kein anderes Mittel zum Erfolg führen würde. Die WKStA hatte schon 2018 mit einer Hausdurchsuchung im damaligen Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) von sich reden gemacht, die später vom Oberlandesgericht Wien als rechtswidrig erkannt wurde.

Gegen Anordnungen der Staatsanwaltschaft ist ein Einspruch möglich; den können aber nur Personen erheben, die in ihren subjektiven Rechten verletzt sind. Das könnte zwar bei den einzelnen Mitarbeitern der Fall sein, deren Daten die WKStA haben will, aber nicht beim BKA als Behörde. Und dieses kann niemanden zwingen, Rechtsmittel einzulegen. Sollte es zu einer Sicherstellung kommen, könnte das Bundeskanzleramt eine Versiegelung der Daten verlangen, bis das Gericht entscheidet, welche davon für Zwecke der Strafverfolgung genutzt werden dürfen und welche nicht. Das beruht auf einer Gesetzesänderung im Gefolge der Haudurchsuchung beim BVT. Es könnte bei diesen Datenmengen sehr lang dauern.

BKA-Generalsekretär Bernd Brünner hat jetzt zunächst in einem Gespräch mit der WKStA und in einem Schreiben an sie versucht, den Standpunkt des Kanzleramts zu verdeutlichen. Noch sieht er kein Anzeichen für ein Einlenken der WKStA etwa im Sinn eines Rückgriffs auf Amtshilfe oder einer deutlichen Eingrenzung der gewünschten Daten. Wollte die Staatsanwaltschaft sich mittels Hausdurchsuchung am Ballhausplatz die Informationen beschaffen, so bräuchte sie dazu eine richterliche Genehmigung – im Fachjargon Stampiglienbeschluss genannt, weil traditionell nicht von sonderlich hoher Prüfintensität.

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