Monika Redlberger-Fritz vom Zentrum für Virologie der Med-Uni Wien spricht über die neuesten Empfehlungen des Nationalen Impfgremiums, die von Gesundheitsexperten scharf kritisiert wurden, und die Herausforderungen in den kommenden Monaten mit Grippe- und Coronawelle.
„Die an Omikron angepassten Impfstoffe richten sich gegen BA.1 und BA.2, die nicht mehr zirkulieren. Ihr Mehrwert ist minimal“, sagt Monika Redlberger-Fritz vom Zentrum für Virologie der Medizinischen Universität Wien, sie ist auch Mitglied des Nationalen Impfgremiums (NIG). „Darauf zu warten lohnt sich nicht. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass wir im Herbst mit einer steigenden Zahl an Infektionen rechnen.“
Was die Kritik an den jüngsten Empfehlungen des Nationalen Impfgremiums angeht, vor allem hinsichtlich des Einflusses von überstandenen Infektionen auf das Impfschema, räumt sie Fehler bei der Aufklärung der Bevölkerung ein: „Vielleicht wurden unsere Empfehlungen nicht deutlich genug kommuniziert."
Dass Dänemark Corona-Impfungen bei Kindern und Jugendlichen bis 18 Jahren komplett einstellt, kann sie nicht nachvollziehen. Das spreche gegen die offizielle Zulassung und somit Empfehlung der Europäischen Arzneimittel-Agentur EMA.
Ob im Herbst eine Überlastung der Spitalskapazitäten droht, hänge im Wesentlichen davon ab, ob eine Grippewelle, eine RSV-Welle und eine Coronawelle gleichzeitig auftreten.
Die Virologin im Interview.
Die Presse: In Dänemark wurden Corona-Impfungen für Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre eingestellt, weil Omikron „sehr selten“ schwere Verläufe verursache. Mit anderen Worten: Das Nutzen-Risiko-Verhältnis stimme nicht mehr. In Österreich hingegen ruft das Nationale Impfgremium, dem auch Sie angehören, alle Personen ab fünf Jahren dazu auf, sich am besten noch im September ein drittes oder – die ab Zwölfjährigen – ein viertes Mal impfen zu lassen. Wer noch gar nicht geimpft ist, soll unverzüglich damit beginnen. Wie ist denn so eine unterschiedliche Herangehensweise zu erklären?