Quergeschrieben

Ein Tod zur „Unzeit“ – mehr als der Abschied von einer 96-Jährigen

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AUSTRALIA-BRITAIN-ROYALS-QUEENAPA/AFP/ROBERT WALLACE
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Eine Welt ohne Elizabeth II. vor tiefgreifenden Veränderungen in unsicheren Zeiten: Nicht einmal der Zerfall des Vereinigten Königreichs scheint ausgeschlossen.

London Bridge is falling down/falling down/falling down/My fair Lady! Unwillkürlich tauchte Donnerstagabend dieses mittelalterliche Kinderlied in der Erinnerung auf, als die Nachricht vom Tod Queen Elizabeths II. um die Welt ging. „London Bridge Down“ war der Code für Bürokratie und Protokoll − er war lang bekannt. Viele außerhalb des Vereinigten Königreichs werden sich fragen oder gefragt haben: Na und? Was hat das mit mir zu tun? Mit meinem Leben und seinen aktuellen Turbulenzen? Was auch mit Österreich?

Viel, das kann man heute schon sagen, denn das Ableben der britischen Königin ist mehr als der Abschied von einer 96-Jährigen. Es könnte der Beginn fundamentaler Umwälzungen in Großbritannien sein, der Anfang einer Phase totaler Unsicherheit, die weder Großbritannien noch Europa in ihrer jetzigen Verfassung gefahrlos bewältigen können. Warum? Queen Elizabeth war mit Sicherheit der Schlussstein, der das Vereinigte Königreich tragfähig hielt.Gastkommentare und Beiträge von externen Autoren müssen nicht der Meinung der Redaktion entsprechen.

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Es lässt sich nicht sagen, welche Kräfte freigesetzt werden, nachdem er abgebrochen ist. So war der am häufigsten verwendete Begriff in den Reaktionen „Stabilität“. Immer wieder hieß es, der Tod von Elizabeth komme zur „Unzeit“. Sie verkörperte Festigkeit in einer unsicheren Zeit. Das werden auch ihre Kritiker einräumen müssen.
Nochmals: Was hat das mit uns zu tun? Viel, denn der Überfall Russlands auf die Ukraine, die Rückkehr des Panzerkriegs hat jede Sicherheit zerstört. Wenn im Osten das Unvorstellbare Realität geworden ist, warum nicht auch im Westen mit dem Zerfall Großbritanniens? Schottland wird angesichts der Trauerzeit nicht sofort von der Trennung von England reden, aber mit Sicherheit später. Schottland wollte den Austritt aus der EU nicht, wird legistische Möglichkeiten für ein weiteres „Los von England“ finden. „United“ hat ohne Elizabeth und mit einer konsensunwilligen Premierministerin Liz Truss weniger Gewicht.
Elizabeth wollte, so hieß es, den Brexit auch nicht, und musste ihn dennoch akzeptieren. Es könnte eine Zeit kommen, in der die Schotten Charles III. auch den Zerfall des Königreiches zumuten würden. Nach Schottland eventuell Wales und Nordirland. Das alles kann nicht ohne Erschütterungen in der EU, in Europa, vor sich gehen.

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