Serie: Neun x eins

Niederösterreich: Eine leise Erschütterung der Macht

Idyllisch, aber energiepolitisch umstritten. Unter den Hügeln bei Herrnbaumgarten gibt es Schiefergas.
Idyllisch, aber energiepolitisch umstritten. Unter den Hügeln bei Herrnbaumgarten gibt es Schiefergas. Robert Newald / picturedesk.com
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Im blau-gelben Land regiert die ÖVP einsam. Doch Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner wird im Jänner wohl die Absolute verlieren. Die anderen Parteien wittern eine historische Chance für etwas Neues: echte Mitsprache.

Sanfte Hügel, Weinstöcke, hin und wieder glänzt eine kleine Windrad-Herde im Spätsommerlicht. Das Weinviertel ist nicht so Postkarten-Österreich wie Tirol, aber doch schön. Bäuerlich abseits der größeren Städte. Insofern wundert es nicht, wenn ein nett-unspektakuläres 1000-Einwohner-Dorf wie Herrnbaumgarten Touristen anzieht. Radfahrer, Weintrinker kommen gerne, als Schlechtwetterprogramm gibt es das Nonseum, das Museum für unsinnige Erfindungen.

Das Spannendste an Herrnbaumgarten bleibt aber unsichtbar. Es steckt im Boden. Schiefergas. Der Ort liegt in jener Zone, in der ein für Dekaden ausreichendes Vorkommen vermutet wird. Bereits vor zehn Jahren schlug die Montanuni Leoben vor, den Schatz mit einer neuen Methode des „sauberen Fracking“ zu heben. Die OMV war interessiert, doch die Debatte aus, bevor sie begann. Politisch war es nicht gewollt, regulatorisch schwierig und der Standpunkt der Anrainer klar: Nein. Mit Rufzeichen. Doch inzwischen gibt es eine Energiekrise und laute Stimmen für ein Umdenken. Die Industriellenvereinigung ist ebenso in dem Chor dabei wie der oberösterreichische Landeshauptmann, der es für „verantwortungslos“ hält, „Gas-Potenzial verkümmern zu lassen“.


„Die Not ändert gar nichts“, sagt hingegen Parteikollege Christian Frank, Herrnbaumgartens Bürgermeister. Noch jung, aufgekrempelte Hemdsärmel, Erwin-Pröll-Gedenkfrisur (Gemeinderatswahlergebnis 2020 übrigens: 86 Prozent ÖVP, der Rest SPÖ). „Ich fange ja“, fährt er fort, „jetzt auch nicht an, in Österreich ein Atomkraftwerk zu bauen.“ Man hätte sich damals genau informiert. „Fracking würde bedeuten, dass man immer wieder neue Bohrlöcher machen müsste, dauernd müsste Gestein zertrümmert werden, der Wasserverbrauch wäre riesig, die Landschaft würde zerstört. Das riskiere ich nicht, bloß damit wir für ein paar Jahre unseren Lebensstil so erhalten können.“ Und nein, das sehe garantiert nicht nur er so, sondern alle betroffenen Gemeinden.

Fragt man jedoch die Politik auf Landesebene, fällt die Antwort nicht mehr so klar aus wie einst. SPÖ, FPÖ und Neos können sich nämlich heute sehr wohl vorstellen, dass man zumindest ernsthaft prüft, ob Fracking sinnvoll wäre. Klar dagegen sind nur die Grünen. Und auch die, auf die es im Land vor allem ankommt, sagt Nein. Allerdings leiser, als sich Bürgermeister Frank das wünschen würde. Im „Presse“-Interview verwies Johanna Mikl-Leitner in der Frage auf die – der Sache abgeneigte - Umweltministerin.

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