Leitartikel

Haben wir schon begriffen, welcher Energie-Tsunami auf uns zurollt?

(c) IMAGO/Wolfgang Maria Weber (IMAGO/Wolfgang Maria Weber)
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Kurzfristig chaotisch und mittelfristig ohne schlüssigen Plan: Europas Energiepolitik ist so kaum in der Lage, die größte Energiekrise seit 1945 zu bewältigen.

Man werde also „Übergewinne“ abschöpfen, vielleicht doch die teure und unsinnige Koppelung des Strompreises an den von Gas lockern und eventuell russisches Importgas per Preisdeckel zu verbilligen versuchen, haben die EU-Energieminister am Freitag beschlossen. Das heißt: Beschlossen natürlich nicht, man will ja nichts überstürzen. Aber immerhin plant man in diese Richtung.

Besonders das mit dem Russengas wird spannend. Wer schon vorab wissen will, wie Gazprom darauf wohl reagiert, kann ein kleines Experiment versuchen: Einfach dem lokalen Versorger mitteilen, dass man seine Zahlungen ab sofort nach eigenen Vorstellungen „deckelt“ – und dann schauen, was etwa Wien Energie oder EVN dazu sagen.

Aber bleiben wir ernst. Das ist die Lage nämlich. Auch deshalb, weil erst sehr wenige begriffen haben, welcher Tsunami da auf Europa zurollt. Um dessen Dimension abzuschätzen, nehmen wir am besten den Rechenstift zur Hand. Die Ausgangslage ist die: Die Energiepreissteigerungen sind erst zu einem ganz kleinen Teil bei privaten und gewerblichen Endkunden angekommen. Sie werden das aber tun, wenn es nicht sehr schnell gelingt, den Trend umzudrehen.

Derzeit wird Strom an den Börsen für Lieferungen im 1. Quartal 2023 zu Preisen von 600 Euro für die Megawattstunde aufwärts gehandelt. Wenn sich solche Preise verfestigen, dann geben Private und Unternehmen im kommenden Jahr allein in Österreich mehr als vierzig Milliarden Euro nur für Strom aus. Vor der Krise waren es 3,5 Milliarden.

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