Mein Dienstag

Der Ärger über den Ärger

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PantherMedia 27235901PantherMedia / Artinun Prekmoung
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Sich ärgern, sich beruhigen, sich über den Ärger ärgern. Geht wohl nicht anders.

Fast jeder kennt das – den Ärger über etwas, der nicht nachlassen will, der mit den Jahren sogar zunimmt. Über eine Situation zum Beispiel, in der sich jemand respektlos verhielt, aber nicht zurechtgewiesen wurde – weder von einem selbst noch von einer anderen Person. Oder über ein Ereignis, das der eigenen Dummheit geschuldet ist und weitreichende Folgen gehabt hat.

Ja, es soll auch Leute geben, die von solchen Gedanken nicht betroffen sind. Die nie Groll hegen und über ihren Unmut schnell hinwegkommen – sei es, weil sie verzeihen können, sei es, weil sie einfach nicht fähig sind, über längere Zeit zornig zu sein. Ein Mysterium, diese vernunftgetriebenen Menschen.

Zurück zu den anderen, von Leidenschaft getriebenen Wesen, die so manche Verbitterung sogar mit ins Grab nehmen. Aber natürlich nicht jede. Denn die meisten negativen Gefühle lassen auch bei ihnen nach. Und lösen sich mit der Zeit ganz auf. Vergeben und vergessen, wie es so schön heißt. Allerdings kann es passieren, dass es dennoch nicht gelingt, einen Schlussstrich unter eine Erinnerung zu ziehen. Dann nämlich, wenn plötzlich der Ärger über den Ärger beginnt. Darüber, dass der Unmut, die Feindschaft, die Wut in diesem Ausmaß nicht begründet waren. Insbesondere in jenen Fällen, in denen sie einer Person galten, die keinen Einfluss mehr auf einen hat und eigentlich nie hätte haben sollen.

Die Erkenntnis, sich umsonst gequält und bestraft zu haben, ist wahrlich eine bittere. Vielleicht sogar die bitterste – trotz der ihr zugrunde liegenden Ironie. Denn letztlich ärgert man sich über einen Ärger, den man mittlerweile für unberechtigt hält. Verrückt!

Andererseits: Wäre es nicht noch verrückter, sich über unberechtigten Ärger nicht zu ärgern? Vor allem dann, wenn er einen jahrelang beschäftigt hat? Tatsächlich ließe sich der Ärger über den Ärger sogar als logischer letzter Akt der Verarbeitung einer ärgerlichen Begebenheit bezeichnen. Und der letzte Akt einer Episode ist nun einmal der intensivste, der mit dem größten Impact.

Wie gesagt, wir reden hier über Menschen, die von Leidenschaft getrieben sind. Und manchmal eben von dunkler.

E-Mails an: koeksal.baltaci@diepresse.com

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