Der Selbstmordattentäter von Stockholm versandte kurz vor seiner Tat ein E-Mail an die Sicherheitspolizei und eine Nachrichtenagentur. Die Polizei ließ es stundenlang unbeachtet.
Die schwedische Sicherheitspolizei (Säpo) ließ das von dem Selbstmordattentäter von Stockholm vor seiner Tat versandte Mail rund fünf Stunden unbeachtet in der Inbox ihres E-Mail-Systems liegen. Das Mail war am Samstag zehn Minuten vor der Explosion zweier Sprengsätze in der Stockholmer Innenstadt vom Handy des mutmaßlichen Attentäters versandt worden. Es ging gleichlautend auch an die schwedische Nachrichtenagentur TT.
Nach den ersten Berichten über die Explosionen und das Auffinden des toten Attentatsverdächtigen versuchte TT nach eigener Abgabe ab 18.30 Uhr mehrmals von der Sicherheitspolizei die Bestätigung dafür zu erhalten, dass das Mail auch bei der Behörde eingegangen war.
Die erste Säpo-Bestätigung über den Erhalt des um 16.40 Uhr versandten E-Mails erfolgte erst kurz nach 22.00 Uhr gegenüber der Boulevardzeitung "Aftonbladet". Die ermittelnden Beamten der Stockholmer Polizei wurden laut TT dagegen erst nach 23 Uhr von ihren Staatssicherheitskollegen über das Droh-E-Mail informiert. Eine Säpo-Sprecherin sagte, man habe die Bestätigung gegeben, sobald man vom Eingang des Mails erfahren habe.
In der elektronischen Nachricht hatte der damals noch nicht identifizierte Täter unter anderem der schwedischen Gesellschaft gedroht. Es hieß darin, dass nun die "Kinder, Töchter und Schwestern" der Schweden sterben müssten, weil das Land die Veröffentlichung einer flüchtigen Skizze des Künstlers Lars Vilks, die den Propheten Mohammed als Hund darstellt, toleriere. Außerdem gehe es um Rache für den schwedischen Militäreinsatz in Afghanistan.
Weitere Stimme in Audio-Botschaft
Indes gehen die Ermittler Medienberichten zufolge mehreren Hinweisen auf mögliche Komplizen und Unterstützer nach. Der Sender TV4 beauftragte einen Tontechniker mit der Auswertung einer Audio-Botschaft, die der Attentäter am Samstag vergangener Woche aufgenommen hatte und dem Polizeigeheimdienst Säpo sowie der schwedischen Nachrichtenagentur TT kurz vor dem Anschlag zukommen ließ. Der Experte Johan Öhgren fand heraus, dass auf der Aufnahme mindestens zwei Menschen zu hören seien. "Es ist nicht möglich zu sprechen, während man einatmet", führte Öhgren aus. Es sei deutlich zu hören, "dass jemand anderes im Raum ist".
Die schwedische Polizei prüft, ob der Attentäter Komplizen hatte, gab dazu aber bisher keine Stellungnahme ab. Die Zeitung "Expressen" berichtete am Donnerstag, der schwedische Polizeigeheimdienst Säpo habe mit der Auswertung von Überwachungsvideos einer Tankstelle im südschwedischen Tranaas begonnen, wo der mutmaßliche Attentäter aufgewachsen war. Die Ermittler gehen dem Bericht zufolge davon aus, dass er das Auto, das kurz vor seinem Selbstmordanschlag explodierte, im November von Tranaas nach Stockholm gefahren hatte. Die Auswertung der Videoaufnahmen solle nun zeigen, ob er bei der Fahrt in Begleitung war.
Der Säpo forderte laut "Expressen" zudem alle Blitzer-Fotos von Fahrern an, die auf der Strecke von Tranaas nach Stockholm zu schnell gefahren seien. Die Ermittler hofften, dass ein Foto des Attentäters und gegebenenfalls von seinem oder seinen Komplizen darunter sei.
Britische Polizei ermittelt weiter
Die Zeitung "Svenska Dagbladet" berichtete am Donnerstag unter Berufung auf Ermittlungskreise, dass die britische Polizei eine Verbindung zwischen dem irakischen Attentäter von Stockholm und dem radikalislamischen Prediger Abu Hamza prüfe. Der Ägypter Hamza, der in einer Moschee im Londoner Stadtteil Finsbury Park gepredigt hatte, war im Jahr 2007 wegen Anstachelung zum Mord an sogenannten Ungläubigen zu sieben Jahren Haft verurteilt worden.
Am Samstag hatten zwei Explosionen die Stockholmer Innenstadt erschüttert. Zuerst war das Auto des Attentäters explodiert, kurz darauf detonierte seine Sprengstoffweste. Der Attentäter starb, zwei weitere Menschen wurden verletzt.
(Ag.)