Er war der wohl berühmteste – und für viele auch bedeutendste – Kino-Revoluzzer des 20. Jahrhunderts. Nicht nur sein Film „Außer Atem“ krempelte unsere Sichtweisen um. Nun ist Jean-Luc Godard mit 91 Jahren gestorben.
Das Kino der 1960er-Jahre hatte viele Facetten – vor allem aber war es die Verheißung einer Revolution. Alles auf der Leinwand sollte anders werden: Bilder, Töne, Geschichten. In der Behauptung dieses Nachkriegs-Wandlungsdrangs war kein Land so vehement wie Frankreich: Dort griffen junge Filmwilde auf den klingenden Begriff der „Nouvelle Vague“ zurück, um ihren Sturm auf die Bastille der Tradition mit einem Banner zu versehen. Sie waren viele. Doch von allen Wellenreitern, die sich in der Aufbruchsstimmung einen Namen machten, ritt niemand so hoch, so weit und so aufsehenerregend wie Jean-Luc Godard.
Darüber, ob der Urheber moderner Klassiker wie „À bout de souffle“ („Außer Atem“) und „Pierrot le fou“ („Elf Uhr nachts“) ein Franzose war, lässt sich streiten. Godard wurde 1930 in Paris geboren, sein Vater war angesehener Schweizer Arzt, seine Mutter eine Bankierstochter aus dem französischen Großbürgertum. Seine Jugend – und auch seinen Lebensabend –verbrachte der Starregisseur am Genfer See. Dennoch gibt es kaum Kino-Legenden, die so stark mit einer prägenden Klischee-Vorstellung gallischer Intelligenzija verkoppelt sind – mit der Figur des streunenden Künstler-Philosophen und intellektuellen Dandys, der sein Leben und Werk zwischen Kinos, Café-Tischen und Barrikaden zubringt, stets eine Tschick im Mund und ein mehrdeutiges Aperçu auf den schelmisch lächelnden Lippen.