Mein Samstag

Im Zentralkartenbüro

Auf einem meiner (leider) seltenen Graz-Besuche habe ich neulich feststellen müssen, dass eine echte Grazer Institution zugesperrt hat.

Das Zentralkartenbüro nämlich. Zentralkartenbüro – das klingt verdächtig kommunistisch, werden Sie jetzt sagen. Tatsächlich aber haben hier Generationen von Stadtbewohnern schon ihre Eintrittskarten gekauft, lang bevor die Kommunisten die Stadt übernommen haben.

Überhaupt war der Name vielleicht ein bisschen dick aufgetragen, das Zentralkartenbüro war eigentlich eher winzig klein, bot aber Eintrittskarten zu allen Veranstaltungen steiermark-, wenn nicht weltweit. Das Kind und ich stehen also vor den verklebten Auslagen, ich packe sofort meine Instant-Erinnerungen an diverse Konzert- und Ballkarten aus und betone, wie toll es war, dass es diesen einen Ort für Tickets zu allen Veranstaltungen gab. Das Kind haut das nicht allzu sehr vom Hocker, denn: Heute ist das Internet ja auch eine zentrale Anlaufstelle für sämtliche Tickets (und alles andere auch noch dazu): Jedenfalls gab es da die Dame mit ihrem recht schicken Spaniel, die einem bunte Zählkarten aus kleinen Mappen herausgerissen hat. Mein wichtigster Kauf war damals die Karte für mein erstes richtiges Konzert: Die Toten Hosen im Orpheum.

Dabei hatte ich an das Orpheum gar nicht die besten Erinnerungen: Denn einmal hat mich die Mama dorthin geschleppt, zu einem Nachmittag, an dem Kinder mit lustigen Mitmachübungen Lust darauf bekommen sollten, in die Kindertheatergruppe einzusteigen. Nun: Alle Kinder wollten auf die Bühne. Nur ich nicht. Und ein anderes Mädchen. Das, Graz ist doch auch klein, zufällig die Tochter einer Schulkollegin meiner Mutter war. Da haben sich also zwei Mädels, die sich lieber feige im Publikum duckten als im Rampenlicht zu stehen, an jenem Nachmittag kennengelernt. Beide haben damals keine Theaterkarriere begonnen, dafür ihre jeweils (spätere) beste Freundin kennengelernt. In diesem Sinne: Gehen Sie wieder einmal ins Theater, und kaufen Sie die Karten dafür beim Zentralkartenbüro Ihres Vertrauens, sofern es das noch gibt!

E-Mails an: mirjam.marits@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.09.2022)

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